Zeitungstreff im Kindergarten

„Größte Veränderungen durch Medienwandel“

Interview zum Abschied von Projekt-Betreuerin Anke Pidun

Paula Print verabschiedet sich von Anke Pidun – und freut sich auf die Zusammenarbeit mit ihrem Nachfolger Heiko Rothenpieler. Foto: Holzwarth

Ohne Anke Pidun sind die Kinder- und Jugendprojekte nicht vorstellbar. Die heute 62-Jährige steht seit 2003 – also von Anbeginn – für die Konzeption und Organisation von „Zeitung in der Schule“, „Zeitung in der Grundschule“ und „Zeitungstreff im Kindergarten“. Vor Weihnachten haben wir uns mit ihr über die Jahre der Zusammenarbeit und viele Medienthemen unterhalten.

Frau Pidun, Sie haben 17 Jahre lang die Kinder- und Jugendprojekte der Nürtinger/Wendlinger Zeitung betreut. Was haben Sie vorher beruflich gemacht?

Bei der Medienagentur mct bin ich seit 2000, zunächst in Kombination mit einer Stelle am Institut für Journalistik der Uni Dortmund, wo ich die Lehrredaktion Print betreute. Davor habe ich viele Jahre als Redakteurin bei Tageszeitungen gearbeitet. Da ich mich früher in meinem Studium auch mit pädagogischen Themen beschäftigt habe, war das mct-Arbeitsgebiet für mich die ideale Mischung aus Journalismus und Pädagogik.

Was bleibt nach 17 Jahren Zusammenarbeit im Gedächtnis? Was war das Besondere an dieser Zusammenarbeit mit der NZ/WZ?

Über die vielen Jahre sind mir die Projekte mit der NZ/WZ richtig ans Herz gewachsen. Das Besondere war immer das große Engagement aller Beteiligten im Verlag und bei der Bildungsstiftung der Kreissparkasse. Das Projekt hat sich so kontinuierlich weiterentwickelt und erweitert. Wir decken mittlerweile die Kindergärten, Grundschulen und die Sekundarschulen in der Region ab. So etwas geht nur mit verlässlichen Partnern. Das ist in der heutigen schnelllebigen Zeit nicht hoch genug einzuschätzen.

Welche Veränderungen waren da für Sie am auffälligsten? Und welche beanspruchten die meiste Aufmerksamkeit?

Die größte Veränderung ergab sich aus dem Medienwandel. Schritt für Schritt haben wir die digitalen Kanäle der Zeitung integriert und Lehrkräfte dabei unterstützt, digitale Medien in das Projekt einzubinden. Das war und ist wegen der oft fehlenden technischen Ausstattung in den Schulen eine große Herausforderung. Und noch eins erfordert unsere ganze Kraft: Junge Menschen für das Lesen auch längerer Texte und für das Schreiben zu begeistern. Praxisorientierte Medienprojekte in der Qualität von „Zeitung in der Schule” können das leisten. Allerdings stellen wir fest, dass es in den Schulen immer weniger Raum für zeitintensive Projekte gibt. Deshalb ist es wichtig, passgenaue Konzepte zu entwickeln. Genau das ist unser Anspruch. Dabei hilft uns die regelmäßige Evaluation der Projekte.

Sie waren ja auch bei der Adoption der Zeitungsente Paula Print Patin. Was zeichnet Paula besonders aus? Und hat die Zeitungsente überhaupt Zukunft in einer Zeit, in der schon kleine Kinder sehr früh mit digitalen Medien aufwachsen?

Paula Print hat in der Tat in unserem gemeinsamen Projekt das Licht der Welt in Nürtingen erblickt. Toll, was daraus entstanden ist. Paula Print erobert Kinderherzen und lässt sie die Zeitung im wahrsten Sinne des Wortes begreifen. Dieses unmittelbare Erlebnis übt nach wie vor einen großen Reiz auf die Kinder aus. Mittlerweile steht die Paula ja auch für die Kindernachrichten in der NZ/WZ. Und wie wir wissen, erfreuen sich nicht nur die kleinen Leserinnen und Leser an der sympathischen Zeitungsente. Deshalb ganz klar die Antwort: Ja, Paula Print hat eine Zukunft!

Und wie sieht die Zukunft der Medienprojekte generell aus?

Die Corona-Krise zeigt deutlich, wie wichtig es ist, Informationen von Halbwahrheiten und Falschnachrichten unterscheiden zu können. Wir wissen aus vielen Studien, dass es an Nachrichtenkompetenz mangelt – übrigens nicht nur bei den Jüngeren. In den Schulprojekten vermitteln wir, wie Journalismus funktioniert und welche Rolle Zeitungen in unserer Gesellschaft spielen. Zukünftig wird dieses Thema ein noch stärkeres Gewicht in den Projekten bekommen. Darauf haben wir bereits mit neuem Unterrichtsmaterial reagiert. Bei „Zeitung in der Schule” schreiben die Schülerinnen und Schüler selbst Artikel und durchlaufen die Schritte von der Themenwahl über die Recherche bis hin zum Schreiben. Ich vermute, zukünftig wird in den Projekten auch verstärkt multimedial gearbeitet. Vieles im Projekt wird sich dann auf der Website und in anderen digitalen Kanälen der Zeitung abspielen.

In all den Jahren waren Sie geschätzt 90-mal in Nürtingen, dabei legten Sie über 29 000 Kilometer mit der Bahn zurück, nur beim letzten Besuch fuhren Sie mit dem Auto. Welche Erinnerungen haben Sie denn an diese vielen Reisen?

Die Bahnstrecke von Dortmund nach Nürtingen ist mir bestens vertraut – vor allem der Sprint in Stuttgart vom ICE-Bahnsteig zum Regionalzug nach Nürtingen war aufgrund von Verspätungen häufig eine sportliche Leistung. Oft ist mir die Regionalbahn vor der Nase weggefahren. Aber so habe ich dann eben den Umbau des Stuttgarter Bahnhofs hautnah erleben können. Bei meinem Abschiedsbesuch in Nürtingen mit dem Auto konnte ich Ihre schöne Stadt und die reizvolle Umgebung am Fuße der Schwäbischen Alb noch einmal ganz neu erleben. Dies ist also bestimmt nicht mein letzter Besuch hier.

Sie treten nun in die passive Altersteilzeit ein. Was haben Sie sich jetzt vorgenommen? Mehr Zeitung lesen? Oder haben Sie ganz konkrete Ideen?

Zeitung und Bücher lesen auf jeden Fall. Schreiben auch. An Ideen mangelt es nicht. In den letzten Jahren habe ich zum Beispiel damit begonnen, Theater zu spielen und an Theaterstücken mitzuschreiben. Das möchte ich gerne weiterentwickeln. Alles andere lasse ich in Ruhe auf mich zukommen. Jetzt werde ich erst einmal die freie Zeit genießen und tief durchatmen. Wer weiß, welche Ideen und Projekte mir dann noch zufliegen werden. Ich gehe offen und neugierig in die neue Lebensphase und bin selbst gespannt.

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