Leserbriefe

Immobilienwende als Vermögenswende?

Timo Kieninger, Wendlingen. Zum Artikel „Wir brauchen einen Masterplan“ vom 7. Februar.

„Eigentum verpflichtet“: so argumentiert der Schwäbisch-Hall-Chef im Interview in Bezug auf die CO2-Reduktion bei Gebäuden und rechtfertigt so weitreichende Maßnahmen gegenüber Eigentümern. Klar ist, dass der Baufinanzierer vor allem am jährlichen CO2-Sanierungsbedarf von 50 Milliarden Euro mitverdienen will. Im Vermögensbericht der Regierung ist man in Deutschland ab 500 000 Euro reich. Hierzu zählen auch Immobilien-Buchwerte, welche durch den Nachfrageboom zuletzt zwar virtuell enorm gestiegen sind, aber noch lange nichts darüber aussagen, ob der Besitzer über Mittel verfügt, diese Immobilie CO2-neutral zu sanieren.

Um Stuttgart herum leben nach dieser Definition viele „Reiche“. In der Verkürzung der umverteilungspolitischen Diskussion heißt das: „Immobilienbesitz ist gleich Reichtum und gleichbedeutend mit ,Kann sich das leisten‘!“.

Platzt die Immobilienblase, ist der „Buchwert-Reichtum“ so schnell weg wie er da war. Platzt die Blase nicht, so reicht schon die Aussicht, dass künftig bei nicht ausreichender CO2-Sanierung des Gebäudes Banken einen Nachschlag bei Sicherheiten verlangen könnten. So wird Eigentum entwertet, Vermögensbildung unmöglich! Dies trifft vor allem den Häuslesbesitzer, der sein Haus für sich und nicht als Investition gebaut hat.

Deutsche rangieren schon heute bei Wohneigentumsquote und Medianvermögen am unteren Ende in der EU. Das kommt nicht zur Sprache. Stattdessen heißt es, dass „die Erben dann halt verkaufen müssten“, wenn sie sich die Klima-Sanierung nicht leisten können. Das ist eine Frechheit in Bezug auf das Grundrecht auf Eigentum. Zudem frage ich, wer sich noch etwas kaufen können wird? Sicherlich dann vor allem die von der EU-Taxonomie angelockten Investoren, die gerne die günstigen Förderungen nutzen werden. „Haus & Grund“ schätzt, dass allein hierzulande drei Millionen (!) Gebäude nicht CO2-neutral saniert werden können. Diese müssen neu gebaut werden. Wie sieht es da erst in strukturschwachen EU-Staaten aus? Anstatt zu klären, wie wir das Heizen CO2-frei machen, versuchen wir durch Mikro-Management noch jede „Mansarde“ in Hintertupfingen CO2-neutral zu sanieren.

Der von der „Ampel“ ausgeführte politische Wille, den Gebäudebestand umzugestalten, geht zulasten der Vermögensbildung in Deutschland und verursacht Kosten, die kein anderes Land seinen Bürgern zumuten wird. Die deutsche Energiewende wurde schon 2019 vom Wall Street Journal zur „dümmsten Energiepolitik der Welt“ gekürt, könnte aber von der Immobilienwende noch locker getoppt werden.

Zur Startseite