„Fallout“ auf Amazon Prime: Atomarer Fanservice

Netz G‘schwätz: Amazon wagt sich mit „Fallout“ an die Serien-Verfilmung einer ikonischen Spielreihe. Das ist ziemlich gewagt, wenn man ähnliche Vorhaben der Vergangenheit kennt. Und doch kommen Fans und Fallout-Neulinge gleichermaßen auf ihre Kosten, findet unser Redakteur.

Ella Purnell als Lucy in Fallout Foto: Amazon/Jojo Whilden

. Die Familie Nolan scheint sich sehr für Atombomben zu interessieren. Christopher Nolan erzählte vergangenes Jahr die Geschichte von Robert J. Oppenheimer und räumte damit gleich mehrere Oscars ab. Nun widmet sich sein kleiner Bruder Jonathan Nolan einer fiktiven, atomaren Story. Als Showrunner ist er gemeinsam mit seiner Ehefrau für die Serien-Verfilmung der „Fallout“-Spielreihe verantwortlich, die im April auf Amazon Prime gestartet ist.

Dass eine Atombombe am Ende der Menschheitsgeschichte stehen könnte, ist gar nicht so unplausibel. In Fallout steht sie dagegen am Anfang. Im fiktiven Amerika des Jahres 2077 stehen die USA im Krieg mit China. Es kommt zur Eskalation und ein Atomschlag legt die Vereinigten Staaten in Schutt und Asche. Wer Geld hat, zieht sich in die sogenannten „Vaults“ zurück: unterirdische Bunker, die wie kleine Städte aufgebaut sind. Jahrhunderte warten die dort Lebenden dort darauf, wieder an die Oberfläche zurückkehren zu können, um die USA neu zu besiedeln.

Sesam öffne dich

Die Serie spielt mehr als 200 Jahre nach dem „Großen Krieg“. Und wie das mit Gesellschaften so ist, wenn sie langsam alleine vor sich hingähren, entwickeln sich in den einzelnen Vaults ganz unterschiedliche, abstruse Strukturen. Das Tor zur Außenwelt des Vaults 33 sollte eigentlich noch lange nicht geöffnet werden. Doch ein Schicksalsschlag treibt Protagonistin Lucy MacLean (Ella Purnell) dazu, in das angeblich immer noch zerstörte Kalifornien zu treten. Was sie dort findet, stellt ihr Welt ziemlich auf den Kopf.

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Geboren und aufgezogen in einer perfekten kleinen Welt, trifft sie auf die harsche Realität einer postapokalyptischen USA. Statt Demokratie und Wackelpudding-Kuchen findet sie dort „Mad-Max“-ähnliche Zustände. Gezahlt wird mit Kronkorken, Machtkämpfe verschiedener Gruppen und Mutationen bestimmen das Leben und sauberes Wasser ist so knapp wie Empathie.

Irgendwas stimmt hier nicht

In zahlreichen Rückblenden erzählen die Macher auch die Entstehungsgeschichte des Chaos. Wie sind die Vaults entstanden? Warum entwickelt sich die Gesellschaft in jeder ein wenig anders? Und warum wechseln so auffällig viele Mitglieder des Vaults 31 in den Vault 33? Mit jeder Folge scheint sich der Schleier des Ungewissen etwas weiter zu verflüchtigen. Und dennoch bleibt bis zum Finale das Gefühl: Irgendwas stimmt hier nicht.

Die Serie folgt neben Lucy auch dem Knappen Maximus (Aaron Moten), ein Mitglied der kultähnlichen „Stählernen Bruderschaft“ und dem Ghoul Cooper Howard (Walton Goggins). Ghoule sind Menschen, die über lange Zeit radioaktiver Strahlung ausgesetzt waren. Dadurch werden sie fast unsterblich, verlieren aber mit der Zeit ihren Verstand (und offenbar auch ihre Nasen).

Wer die „Fallout“-Spiele kennt, wird in all dem geliebte Elemente finden. Fanservice gibt es an jeder Ecke. Der Fallout-typische, makabere Humor kommt nicht zu kurz. Genauso gut sind die ikonischen Mid-Century-Vibes, die die Reihe ausmachen. Den Machern gelingt es, was bisher wohl nur „The Last of Us“ geglückt ist: Eine Videospiel-Welt so auf Film zu bannen, dass sie für Fans des Originalmaterials als auch für Gelegenheitszuschauer unterhaltsam ist. In der Serie verschwimmen die Grenzen zwischen Komödie, Horror und Drama – wie eben in dem Spiel. Amazon hat bereits eine zweite Staffel in Auftrag gegeben.

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