Herbert Ruff, Oberboihingen. Zum Artikel „Die große Hexenjagd“ vom 19. September. „Dass es überhaupt zu einer solchen großen Hexenjagd-Hysterie kommen konnte , wie es der Autor in seinem sehr fundierten Artikel beschrieben hat, ist eine der größten Kulturschanden in unserem Abendland. Gemessen an der Kulturgeschichte der Menschheit war die damalige Zeit allerdings nur ein Wimpernschlag in unserer Geschichte und deshalb gar nicht so lange her, in der auch Frauen in unserer engeren Heimat als Hexen denunziert wurden. Die maßgeblichen Institutionen, vor allem die christlichen Kirchen und Sekten, haben sich bis heute dafür noch nicht entschuldigt oder sogar Reue gezeigt. Wie konnte es dazu kommen? Zum Aberglauben großer Teile der sogenannten christlichen Glaubensgemeinschaften und auch der anderen monotheistischen Weltreligionen gehört leider auch die abenteuerliche Vorstellung von Himmel und Hölle, in der in einem Fall die ewige Glückseligkeit verheißen wird, im anderen Fall die ewige Verdammnis drohen würde. Die daraus folgende Vorstellung, dass überall das Böse, nämlich die Teufel der Hölle, die die Menschen verführen, lauert, gehörte eben auch der Wahn, dass überall Hexen in Person von biederen Nachbarn und Freunden, sogar innerhalb der Familien unter uns sind. Und wo es in der Vorstellung christlicher Theologen Teufel gibt, gab es auch Hexen.
Der dazu passende verhängnisvolle Beitrag Martin Luthers zur Hexenverfolgung war: (Zitat) „Natürlich gibt es Hexen so wahr es den Teufel gibt und den habe ich schließlich selbst gesehen!“ Der christliche Klerus hätte es eigentlich seit Nicolaus Kopernikus und Johannes Kepler besser wissen können und müssen; zum Beispiel, dass es gar keinen Himmel und keine Hölle geben kann, denn dies widerspricht allen Naturgesetzen. Stattdessen hat Kepler seine Mutter gerade noch rechtzeitig nach vorheriger Tortur vor dem Scheiterhaufen retten können. Das alles ist im Keplermuseum in Weil der Stadt dokumentiert.
Der Klerus hätte wissen können, dass Himmel und Hölle keine physischen Orte sind, sondern Zustände der menschlichen Seelen. Sind wir sehr glücklich, dann ist der Himmel in uns. Sind wir sehr unglücklich, dann können wir uns wie in der schlimmsten Hölle fühlen. Heinrich Heine hat darüber ein schönes Gedicht geschrieben: „Die Englein nennen es das Himmelreich, die Teuflein nennen es die Hölle, der Mensch, der nennt es die Liebe!“