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Das Schicksal der Donauschwaben

Eine Zeitzeugin erzählt von ihrer Flucht aus Ungarn kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs

Zeitzeugen wird es nicht mehr lange geben; Anastasia, Direncan, Francesca, Gökce, Jenny und Lisa aus der Klasse 8a der Ludwig-Uhland-Schule in Wendlingen hatten das Glück, eine solche Zeugin ihrer Zeit kennenlernen zu dürfen. Es ist eine 88-jährige Dame, die als Kind in Ungarn aufgewachsen ist und in den Wirren des Zweiten Weltkriegs von dort fliehen musste.

„Frau B. trafen wir eher zufällig, sei es, dass sie an ihrem Fenster stand und uns zuwinkte oder in ihrem Garten arbeitete. Nach einigen Begegnungen dieser Art sprachen wir sie vorsichtig an. Dabei erfuhren wir, dass sie eigentlich gar nicht hier aufgewachsen ist, sondern aus Ungarn stammt. Sie wuchs circa 35 Kilometer von Budapest entfernt auf.

Da wurden wir neugierig und wollten mehr über ihr Leben erfahren. Frau B. ist Donauschwäbin und musste 1944 als 17-jähriges Mädchen mit ihrer Mutter und ihren beiden Geschwistern aus Ungarn fliehen. Der Flüchtlingsstrom wollte nicht enden und die Flüchtlinge berichteten von furchtbaren Erlebnissen: ,Und dann sind auch schon zu uns Flüchtlinge gekommen die haben wir zum Übernachten gehabt, die haben Gräueltaten erzählt, oje und für die Mädchen war es am schlimmsten.‘ Wer eine Möglichkeit sah wegzukommen nutzte sie. B. erzählt uns von so einer komischen Begebenheit: Ein junges Mädchen brachte Brotteig zur Bäckerei, als zufällig ein Lastwagen mit Flüchtlingen vorbeikam. ,Ja das Mädel rief: Wo fahrt’s ihr denn hin? Nehmt mich mit!, und ließ den Teig einfach stehen, um nur noch fortzukommen.‘

Bald war auch der Landweg nach Westen als Fluchtroute gesperrt. Zivilisten wurden nicht mehr auf Lastwagen gelassen, nur noch Soldaten wurden transportiert.

Doch zum Glück sorgte ein deutscher Hauptmann dafür, dass die Deutschstämmigen mit dem Schiff über die Donau nach Wien fliehen konnten. Immer wieder erzählt uns B., dass viele Menschen gedacht hätten, alles sei nur vorübergehend und dass sie später wieder zurückkehren könnten. Deshalb vergruben auch ihre Eltern Habseligkeiten heimlich im Garten. Ihr Vater war Beamter und sehr pflichtbewusst, er wollte sein Amt nicht aufgeben und kam erst einige Jahre später nach.

In Wendlingen hat B. ihre zweite Heimat gefunden ,Ja, freilich gefällt es mir hier‘, antwortet sie und ist erleichtert, dass sie die schwere Zeit überstanden hat.“

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