Leserbriefe

Ohne die Kelche kein Bahnhof

Peter Främke, Neckartailfingen. Zum Artikel „Beeindruckt von riesigen Dimensionen“ vom 5. Januar. Einer von rund 5000 Besuchern auf der S21-Baustelle war Uli Meyer. Sein Artikel lässt erkennen, dass auch er irritiert war beim Anblick der Probier-Kelchstütze für den S21-Tiefbahnhof: Das Architekten-Kunstwerk kann nur stehen bleiben, wenn es von den Nachbarn gestützt wird! Abenteuerlich und extrem schwierig, wie immer wieder betont wird. Also fast unmöglich? Aber ohne Kelche kein Bahnhof und dann sind die mittlerweile zehn Milliarden Euro S21-Steuergeld für nix verschwendet worden, wenn man nicht sofort Schluss macht. Viel ist sowieso nicht zu erwarten, denn die nur noch acht Gleise in der Tiefe reichen gerade mal für die Hälfte der Züge, die in dem bewährten und ausbaufähigen Kopfbahnhof fahren können. Obwohl dieser Kopfbahnhof durch S21 schon arg beschädigt wurde, wird immer noch der gesamte Bahnverkehr dort abgewickelt. Sicherlich noch ganz viele Jahre, denn die Chancen für eine Fertigstellung von S21 sinken beständig. Aber das interessiert eigentlich die S21-Profiteure bei den Baukonzernen, Banken et cetera nicht besonders, denn jedes weitere Jahr Bauverzögerung bringt viele Milliarden mehr in die Kassen und die Bürger zahlen sowieso alles ungefragt.

Für die Autobauer im Ländle – mittlerweile ganz enge Freunde des väterlichen Winfried Kretschmann – ist diese Entwicklung auch positiv, denn das Märchen von „Mehr Verkehr auf die Schiene“ ist durch S21 erfolgreich beendet. Jetzt können ungestört vom sowieso ruinierten Bahnverkehr seit der Bahnreform die restlichen Lücken auf den Straßen mit Giga-Linern und Elektro-Autos profitträchtig gefüllt werden.

Übrigens ist jeder der 28 komplizierten und haltlosen S21-Kelche eine gesonderte Maßanfertigung, weil die extreme und vom Baurecht gar nicht zugelassene sechsfache Schrägneigung der Bahnsteige dies erfordert. Das ist natürlich sündhaft teuer und für sparsame Schwaben unerträglich. Der S21-Käs ist wohl doch nicht gegessen – wie der Ministerpräsident behauptet.

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