Leserbriefe

Homosexualität und die Bibel

Eberhard Ellwanger, NT-Reudern. Zum Leserbrief „Beunruhigend und lächerlich“, vom 4. Juli. Was war das für ein Theater, als die Frauen wählen, oder gar Auto fahren wollten. Die Welt drohte unterzugehen, als die Messe nicht mehr auf Latein gelesen wurde. Der Kaiser fiel in Ohnmacht, als das Volk mitbestimmen wollte. Nun wird glücklicherweise das Thema Homosexualität in Angriff genommen und ich bin guter Dinge, dass wir das auch noch hinkriegen. Schade, dass es dazu so viele Plattitüden gibt und schade, dass sich aus den Reihen der Christen oft nur diejenigen äußern, die sich bei dem Thema ablehnend verhalten. Deshalb möchte ich als aktiver Mitarbeiter in meiner Kirchengemeinde gerne eine weitere Glaubenshaltung öffentlich machen. Lange genug war es anscheinend gottgewollt, dass Schwule und Lesben als Sünder verurteilt und auf den „rechten Weg gebracht“ werden mussten. Mir persönlich ist es nach wie vor zu billig, ein paar Bibelzitate auswendig zu lernen, um sich danach zu erdreisten „Gottes Wille“ kundzutun. Dazu ein Beispiel, wie es aussehen kann, wenn man ein wenig weiter schaut, anstatt aus einem einzelnen Bibelvers ein Dogma zu basteln. Wahrscheinlich wissen alle, dass im alten Testament geschrieben steht: „ein Mann soll nicht bei einem Mann liegen, wie er bei einer Frau liegt, denn es ist ein Gräuel.“ Schwubs diente dies als Beweis, dass Homosexualität Sünde und somit zu bestrafen sei. So stehe es ja auch in der Bibel.

Interessant wird es aber meiner Meinung nach erst, wenn man mehr weiß, wenn man sich informiert, wenn man interessiert ist an Zusammenhängen. Beim erwähnten Bibelzitat genügt es bereits, ein wenig weiterzulesen. Man findet weitere Gräuel: Schalentiere oder Schweinefleisch zu essen sind zwei davon. Jetzt wird’s doch erst spannend: halten wir an dem fest, was (Kirchen)Gesetz wurde, oder fragen wir uns, warum die unterschiedliche Gewichtung der einzelnen Gräuel zustande gekommen ist. Glauben ist für mich nicht das starre Festhalten an Überlieferungen, oder der erhobene Zeigefinger, sondern ein lebenslanger, lernender Prozess. Schnelle Erklärungen greifen zu kurz und zeugen von Desinteresse. Wer etwas Zeit mitbringen mag, dem empfehle ich zum Beispiel den Vortrag eines Religions- und Theologieprofessors. Im Internet zu finden unter Worthaus 5.1.1 mit dem Titel: „die schwule Frage . . .“ Das Thema ist nicht mit wenigen Worten erledigt. Ein Leserbrief sollte dies jedoch sein. Daher nur noch Denkanstöße: Warum ist uns von Jesus keine Stellungnahme zur Homosexualität überliefert? War ihm das Thema vielleicht zu unbedeutend, gab es Wichtigeres? Was haben Christen daraus gemacht? Warum ist in der Bibel nur von der (Schand)Tat, vom Akt die Rede und nie von einer homosexuellen Beziehung? Was also wollten uns die Schreiber der Bibel tatsächlich sagen? Ich freue mich auf die Zeit, in der nicht mehr schulmeisterlich mit diesem Thema umgegangen wird.

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