Leserbriefe

Faule Eier und die Politikverdrossenheit

Bernd Hummel, Oberboihingen. Zum Artikel „Betriebsrentner zahlen weiter doppelt“, vom 9. Februar. Die Regierung Schröder empfahl, sich nicht ausschließlich auf die gesetzliche Rentenversicherung zu verlassen. Dieser Empfehlung folgend, schloss ich einen Altersvorsorgevertrag ab, der jetzt zur Auszahlung kommt. Zu meiner Überraschung teilte mir der Anbieter meiner Lebensversicherung im Zuge der Zuteilung mit, dass es seit dem 1. Januar 2004 ein Gesetz gibt, das eine volle Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung vorsieht (Arbeitgeber und Arbeitnehmerbeitrag zur Krankenkasse: derzeit mindestens 14,6 Prozent und zur Pflegeversicherung von mindestens 2,55 Prozent). Vor dem Hintergrund, dass ich während meines ganzen Berufslebens Höchstbeitrag in die Kranken-/Pflegeversicherung bezahlt habe, überrascht mich das sehr. Dazu kommt, dass die beim Vertragsabschluss zugesagte Verzinsung weit unter den Erwartungen bleibt.

Noch mehr überrascht war ich von einer Pressenotiz der GKV, die beinhaltet, dass der Staat wesentlich mehr Geld für die medizinische Versorgung von Hartz-IV-Empfängern bezahlen müsste. Die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, sagte vor wenigen Wochen der DPA: „Arbeitslosengeld II (ALG II) ist eine staatliche Sozialleistung.“ Deshalb müsse der Staat ausreichend Geld dafür zur Verfügung stellen. Die Monatspauschale belaufe sich aber nur auf 97 Euro pro Person, während die Versorgungskosten deutlich höher lägen.

Nach Expertenmeinung wäre eigentlich etwa das Dreifache nötig.

Für ALG-II-Empfänger, die privat versichert sind, erhalten die Versicherungsunternehmen bis zu 341 Euro pro Person. „Es kann doch nicht sein, dass die solidarische gesetzliche Krankenversicherung, die 90 Prozent der Bevölkerung versorgt, vom Staat schlechter behandelt wird als private Versicherungen“, kritisierte Pfeiffer. Vor Kurzem berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung aus einem Gutachten für das Gesundheitsministerium, wonach die Bundesregierung den gesetzlichen Krankenkassen jedes Jahr fast zehn Milliarden Euro weniger erstattet, als für die Versorgung von Hartz-IV-Beziehern nötig wären. Demnach decken die Überweisungen des Staates an die Kassen nur 38 Prozent der Ausgaben für ALG-II-Bezieher, Aufstocker und Arbeitslose. Das Problem kam bereits Anfang vergangenen Jahres während der Flüchtlingskrise auf. Damals wurde schon befürchtet, dass sich die Situation durch arbeitslose Asylberechtigte noch verschärfen könnte.

Zum Schluss drängt sich mir die Frage auf, welche Partei noch die Interessen derjenigen Bürger vertritt, die ihr ganzes Berufsleben lang, oft bis an die Grenzen der physischen Belastbarkeit gerackert und ihre Steuern und Sozialabgaben bezahlt haben. Nun im Alter müssen sie feststellen, dass zu der nicht allzu hohen Rente auch bei der Entrichtung der Sozialversicherung richtig zugelangt wird.

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