Leserbriefe

Abschiebungen und die Menschlichkeit

Klaus-Dieter Tempel, NT-Neckarhausen. Zum Artikel „Das alles ist zermürbend und frustrierend“ vom 21. Januar. Ein 19-jähriger Asylbewerber aus Gambia wurde mit der Aussicht auf Duldung ins Nürtinger Ausländeramt gelockt. Statt Duldung gab es eine Verhaftung, Verbringung in Abschiebehaft und Abschiebung nach Italien. Nach zwei Jahren Betreuung durch den Arbeitskreis Integration in Frickenhausen war die Prognose für seine Eingliederung günstig. Dazu kommt, dass eine Abschiebung in sein Heimatland nicht möglich ist und in Italien die Obdachlosigkeit und neues Elend auf ihn warten.

In Italien hat er zum ersten Mal den Boden der EU betreten. Nach dem Dublin-Abkommen ist damit Italien für ihn zuständig. Wer über das Meer kommt und zu denen gehört, die die gefährliche Überfahrt lebend überstanden haben, müsste dort bleiben, wo er ankommt.

Zur Handhabung des Ausländeramts und zur Verhaftung mit Abschiebung verwies der Landrat auf „gängige Rechtspraxis“ und auf nötige Amtshilfe für das Regierungspräsidium. Das trifft meiner Meinung nach nicht zu. Lügen sind weder im Gesetz noch in der Rechtspraxis vorgesehen. Jede Abschiebung ist ohnehin ein Verstoß gegen Recht und Gesetz. Die sogenannten Entscheider über Bleiben oder Gehen entscheiden nur nach Ermessen. Die Fluchtgründe können sie glauben oder auch nicht. Es gibt kein Gesetz, das dies objektiv erfassen kann. Sie sind außerdem immer befangen. Sie wissen, dass ihr Dienstherr, Innenminister Strobl, strenge Maßstäbe erwartet. Menschliches Verständnis ist zweitrangig.

Auch das Ausländeramt hat Ermessensspielraum. Da auch aus den Worten des Landrats kein menschliches Mitgefühl zu erkennen ist, ist es klar, dass das Ausländeramt zum Erfüllungsgehilfen der Entscheider in Karlsruhe wird.

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