Licht der Hoffnung

Tanzen zur Beatmusik der 60er hält einfach jung

Die „Gents“ spielten über vier Stunden lang im Nürtinger Schlachthof

Die Fans liefen zur Musik der Gents ebenfalls zur Höchstform auf. Foto: Selle

In den Mai tanzen lässt sich an vielen Orten. In den Dreikönigstag hineintanzen, das ist seltener. Seit nunmehr 15 Jahren bietet die Formation „The Gents“ diese Möglichkeit bei ihrer Kult-Party im Schlachthof an. Die Musiker der im Jahr 1964 gegründeten Gruppe sind älter geworden und mit ihnen auch ihr Publikum. Die Stimmung war in diesem Jahr aber so spitze wie eh und je.

NÜRTINGEN. Seine leichte Enttäuschung kann Wolfgang Arnold nicht verbergen. Das einzige noch aktive Gründungsmitglied der Gents erinnert sich an noch gar nicht so lange vergangene Zeiten, als die Band noch über 300 Fans in den Schlachthof lockte. In diesem Jahr sind es deutlich weniger Personen, die ihren Obolus entrichten, der wie immer komplett „Licht der Hoffnung“, der Weihnachtsaktion unserer Zeitung, zugute kommt. Diejenigen, die trotz ungemütlichen Regenwetters erschienen sind, waren dafür begeistert und tanzwütig wie eh und je. Zudem hatten sie dafür etwas mehr Platz zum Tanzen als in den Vorjahren.

Und auch an den Musikern hat der Zahn der Zeit nicht genagt. Sie spielen die Beat- und Rockmusik ihrer Jugendtage noch immer nahezu in Perfektion und beweisen Jahr für Jahr ihre erstklassige Kondition, indem sie über 50 verschiedene Titel live spielen und ein Konzert über mehr als vier Stunden bis nach Mitternacht bieten.

Wolfgang „Bongo“ Arnold, inzwischen 68 Jahre alt, spielt nicht nur an der Bassgitarre seine jahrzehntelange Routine aus. Auch mit witzigen Ansagen und als Sänger, unter anderem bei „You Really Got Me“ von den Kinks, weiß er zu überzeugen. Auch wenn er seine Angst nicht verbergen kann, dass sein Englisch dem kritischen Gehör einer aus England stammenden Zuhörerin nicht genügen könnte. Aber die ist genauso begeistert von der Musik aus ihrer Jugend wie alle anderen Besucher, die schon bei den Tönen des ersten Stücks „For Your Love“ von den Yardbirds nicht mehr ruhig stehen können. Beim zweiten Titel „Bad Moon Rising“ von Creedence Clearwater Revival war der gesamte Schlachthof schon zu einer einzigen Tanzfläche geworden und blieb es vier Stunden lang bis nach Mitternacht. Tanzpausen gönnten sich die Allerwenigsten.

Und die Gents legten nach mit Titeln wie „Route 66“ von den Rolling Stones und „Mony Mony“. Das Schöne an der Nürtinger Gruppe ist, dass Titel wie „Get Back“ von den Beatles nahezu identisch zu den Originalaufnahmen aus den 60er- und 70er-Jahren klingen. Dafür sorgen unter anderem der erstklassige Schlagzeuger Waldemar Janicki und Leadgitarrist Harald Seeger, der sich – im Pink-Floyd-T-Shirt passend gekleidet – später auch an die sehr anspruchsvollen Solos von „Another Brick in the wall“ sowie „Sultans of swing“ von den Dire Straits heranwagt und auch diese meistert. Für „Davy’s On The Road Again“, bei dem Rainer Botzenhardt an den Keyboards brillieren darf, hat sich „Harry“ Seeger sogar ein ganz eigenes Gitarrensolo ausgedacht, das hervorragend zur Musik passt. Gitarrist und Hauptsänger Rudolf Bayer gelang es auch noch mit seinem selbsternannten „Dinkelacker-Spoiler“, die Stimmung weiter anzuheizen, unter anderem mit „Come On And Sing“ von den Rattles.

Nach nur zehn Minuten Pause nach einer Stunde Spielzeit durften sich drei Schlagzeug-Schüler von Waldemar Janickis Musikschule bei den Titeln „Come Together“ von den Beatles, „Hang On Sloopy“ von den McCoys und „Long Cool Woman“ von den Hollies an den Drums versuchen und machten ihre Sache beim Liveact prima. Das Angebot von „Bongo“ Arnold an die Zuhörer, sich ebenfalls mal am Schlagzeug zu probieren, wollte dann aber doch keiner annehmen. So setzte sich der bewährte Janicki wieder hinter die Trommeln für „Green River“.

Ob nun „Spicks and Specks“ von den Bee Gees, „When you walk in the room“ von den Searchers, „Poor Boy“ von den Lords oder „Light my fire“ von den Doors – die Zuhörer gingen immer frenetisch mit. Auch die neue Einlage der Gents mit einem Block mit deutschen Texten, darunter „Marmor Stein und Eisen bricht“, kam sehr gut an. Die Besucher tanzten bis nach Mitternacht weiter. Sowohl das Spielen der Musik aus der Jugend als auch das Tanzen dazu halten eben jung.

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