Leserbriefe

Verantwortlichen fehlt es an Gefühlen

Klaus-Dieter Tempel, NT-Neckarhausen. Zum Artikel „Ich möchte nur meine Familie zurück“ vom 26. Mai. Vor einer Woche erschien der ausführliche Bericht über die Abschiebung der Familie Bajrami aus Wolfschlugen. Ich kann es gar nicht eine „Abschiebung“ nennen. Es war ein nächtlicher Überfall durch fünf Polizeibeamte, für jeden Abzuschiebenden einer, auch für die minderjährigen Töchter.

Bis jetzt war ich der Meinung, dass unsere Polizei in der Nacht auf Verbrecherjagd geht und nicht unbescholtene und harmlose Familien überfällt. Es war ein Überfall auf eine Familie, die 25 Jahre in Deutschland lebte. Ihr wurde damit alles genommen, was ihr Leben lebenswert machte. Hab und Gut musste zurückbleiben. Fünf Menschen wurden verhaftet, abgeführt, abtransportiert, geradezu rausgeschmissen aus unserem Land und nach Mazedonien entsorgt wie lästige Eindringlinge. Unter Missachtung ihres Rechts auf Heimat und ihrer Menschenwürde, wurden sie wie Verbrecher durch das Flughafengelände zum Abflug geführt.

Die dafür Verantwortlichen reden sich heraus. Es gehe alles nach Recht und Gesetz in unserem Land. Sie hätten keinen Pass vorgelegt. Das ist für mich eine dumme Ausrede. Ist das denn ein so großes Verbrechen, dass es so barbarisch unmenschlich bestraft werden muss? Alle Verantwortlichen in den Ämtern lügen, wenn sie sagen, für ein Verbleiben hätte es keinen Spielraum gegeben. Alle Entscheider über Bleiben oder Gehen beim BAMF müssen auch nach Ermessen entscheiden, denn es gibt kein Gesetz, das alle Wechselfälle des Lebens erfassen kann. Es stört mich sehr, dass die uns Regierenden im Land ihre Kompetenz für menschliche Entscheidungen nicht nützen, sondern unbarmherzig und hartherzig unter dem Schein des Rechts Unrecht verüben und eine ganze Familie ungerührt ins Unglück stürzen. Leider fehlt es den Verantwortlichen nicht an Ermessensspielraum, sondern an menschlichen Gefühlen.

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