Leserbriefe

Nie wieder Krieg!

Peter Reinhardt, Neckartenzlingen.

Ich habe ja den letzten Krieg auf deutschem Boden noch miterlebt; ich war knapp neun Jahre alt, als er endlich zu Ende war. Wir, unsere Familie sind zwar leidlich glimpflich durch den Krieg gekommen – aber es bleibt: „Pfui Teufel!“.

Die Bomben explodierten nur 100 Meter neben unserer Wohnung. Evakuiert, sahen wir am Horizont, wie unsere Heimatstadt Magdeburg brannte. Jedenfalls ist der Spruch „Nie wieder Krieg!“ ganz tief in mir verankert – bis heute. Alles Militärische, Panzer, Kanonen et cetera, löst immer noch tiefe innere Abwehr aus. Und alles, was mit Aufrüstung zu tun hat, ist mir innerlich zutiefst zuwider.

Aber natürlich habe ich mit dem Kopf immer gewusst: es gibt weiterhin Kriege; und ausschließen kann man nichts. Einziger Ausweg: Hoffnung. Und Kriege waren ja immer „weit weg“ – das beruhigte das Gewissen. Und der Ausspruch „Frieden schaffen ohne Waffen!“ ist ja nun mal so schön – und markig und so herrlich bequem. Da war ich schon dabei.

Und nun müssen wir alle wieder erleben, dass ein Diktator – den wir wohl lange unterschätzt haben – sein Nachbarland übelst mit Krieg überzieht. Irgendwie ist das unglaublich!

Diktatoren, wie seinerzeit Hitler, sind offensichtlich bereit, für irgendwelche Ziele einen Krieg mit all den dazugehörenden Scheußlichkeiten zu beginnen und zu führen. Ich empfinde das als bittere Lehre, die mir zutiefst zuwider ist – aber doch wohl zur Realität der Welt gehört. Wir sehen, wenn wir unsere Freiheit bewahren wollen, müssen auch wir auf Waffen setzen; auch wenn wir wissen, wie schrecklich sie wirken.

Wir haben auf die Wirkung von Diplomatie gesetzt und gehofft, dass sich mit vernünftigen Gesprächen Probleme werden lösen lassen, nach dem Motto „Alles ist besser als ein Krieg“. Was haben wir alles an Ausreden und Lügen geschluckt, um dem Frieden zu dienen – Krim. Jetzt zeigt uns der Diktator in Russland, dass wir eine alte Wahrheit verdrängt haben: nämlich, dass der Mensch nicht „von Natur aus“ gut und vernünftig ist. Es gibt „das abgrundtief Böse“ (im Mittelalter nannte man das „den Teufel“). Das wollten wir nicht wahrhaben – da reihe ich mich durchaus – zumindest teilweise – ein. Und jetzt erleben wir, dass das realitätsfern war.

Dem müssen wir uns jetzt stellen. Und dann ist es schon fragwürdig, wenn in Deutschland zwar viel von Solidarität mit der Ukraine geredet wird, aber zugleich die Angst vor höheren Energiepreisen in der Bewertung ganz weit oben steht. Ein höchstes Gut? Gas- und Kohlelieferungen aus Russland stoppen? Was würden wir sagen, wenn wir angegriffen würden? Wie weit darf unser Egoismus gehen?

Alle diese Gedanken gehen mir vom Innersten her gesehen zutiefst gegen den Strich. Aber: dürfen wir zusehen, wie ein freies Land übelst betroffen ist? Dürfen wir da die alten, die so schönen Slogans wie „Nie wieder Krieg!“ und „Frieden schaffen ohne Waffen“ aufgeben?

Mir fällt es schwer – aber müssen wir nicht auch bereit sein, „nur“ ein Stück von unserem Wohlstand zu opfern, für Einschränkungen oder Rüstung? So bitter und unangenehm es ist, Putin ist überaus risikofreudig – damit erpresst er uns. Blöde Realität.

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