Leserbriefe

Mir wäre Intelligenz lieber als Stärke

Dr. Johannes Heimann, Nürtingen. Zu den Leserbriefen „Waffenlieferungen sind brandgefährlich“ vom 5. März und „Keiner möchte Nachbar von Russland sein“ vom 12. März.

In meinem letzten Leserbrief hatte ich den amerikanischen Diplomaten George F. Kennan mit seinen eigenen Worten aus dem Jahr 1998 zitiert: „Diese NATO-Osterweiterung ist ein tragischer Fehler, auf den die Russen früher oder später reagieren werden. Es gibt für diesen Schritt keinerlei Notwendigkeit – niemand hat irgendjemanden bedroht.“ Ich schließe mich den Herren Kennan und Robert McNamara an und sehe in der in der Summe aggressiven NATO-Ostpolitik – ohne Putin von seiner Gesamtverantwortung freisprechen zu wollen – einen wesentlichen Auslöser des jetzt tobenden Krieges. Eine Sicherheitspolitik nicht mit, sondern gegen Russland musste scheitern. Wohlgemerkt: Kennan hatte jahrzehntelang auf amerikanischer Seite den Kalten Krieg bearbeitet, und McNamara war als Verteidigungsminister unter Kennedy Vater von MAD (Mutual Assured Destruction). Also beide eher von der harten Front.

Wer hat nun recht, Kennan oder Cicero? Man kann das an der derzeitigen Situation rasch klären: Die NATO hat während der letzten Jahre das 17-fache für Armeen und Rüstung ausgegeben als Russland. Hat das die russische Aggression verhindert?

Was hält der Leserbriefschreiber von „Si vis pacem, para pacem“? Wer es noch nicht weiß: Frieden schließt man mit seinen Feinden.

Deshalb kann nach dem Krieg die Schlussfolgerung lauten, möglichst rasch zu verbindlichen und überprüfbaren Abrüstungen zurückzukehren. Und ein Sicherheitssystem zu etablieren – ob es einem passt oder nicht – unter Miteinbeziehung Russlands. Nur ein übergreifendes Bündnissystem kann den Mitgliedsstaaten guten Schutz vermitteln. Die Entscheidung von Olaf Scholz, hundert Milliarden Euro in die Aufrüstung zu investieren, war falsch.

Die FDP-Bundestagsabgeordnete Renata Alt verkündete: „Der Westen muss jetzt Stärke zeigen“. Mir wäre Intelligenz lieber. Waffenlieferungen an die Ukraine erhöhen das Risiko einer atomaren Eskalation.

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