Leserbriefe

Mehr Klarheit und Entschiedenheit

Dr. Gerhard Steigerwald, Nürtingen. Zum Artikel „Der Schatten des Skandals“ vom 21. März. Gott sei Dank kommen die Sexualverbrechen in der Katholischen Kirche an das Tageslicht. Zurzeit laufen nach der Mitteilung von Justizminister Dr. Wolf gegen 67 Priester in Baden-Württemberg Ermittlungsverfahren, davon gegen 22 im Bistum Rottenburg. Seit Jahrhunderten gibt es vermutlich diese Verbrechen in der Katholischen Kirche. Das Ansehen der Kirche, in besonderem Maße der Amtsträger, des Papstes und der Bischöfe und der Priester ist nachträglich beschädigt.

Die Maßnahmen von Papst Franziskus, der Bischofskonferenzen und der Bischöfe der betroffenen Diözesen haben kaum Anerkennung gefunden, vielmehr Unmut und eine Austrittswelle gefördert. Man vermisste den öffentlichen Bußakt der Kirchenleitung wie er in der Kirche der ersten Jahrhunderte für Sünden, die die Gemeinschaft der Kirche betrafen, üblich war. Diese öffentliche Buße wurde eingeleitet durch ein exaktes, öffentliches Bekenntnis der Sünder und ihrer speziellen Sünden. Darauf folgten die Bekundung der Reue und die Bitte um Vergebung, die Bereitschaft zur Buße, die mit dem zeitweiligen Ausschluss aus der Gemeinschaft der Kirche, bei Amtsträgern mit der Entfernung aus dem Amt verbunden war und schließlich mit der Bereitschaft zur Wiedergutmachung, so weit sie überhaupt möglich war.

Den Erklärungen des Papstes und der Bischofskonferenzen fehlte durchweg der Mut zum schonungslosen, radikalen, öffentlichen Bekenntnis der Verbrechen und der Verbrecher. Auch enttäuschte Papst Franziskus viele, weil er nicht erklärte, welche effektiven Maßnahmen die Kirche gegen diese Verbrecher ergreifen werde. Man kann heute doch fordern, dass in jeder Diözese reiner Tisch gemacht wird und der Bischof etwa in einem Hirtenbrief die Gläubigen darüber in aller Klarheit und Entschiedenheit unterrichtet. Nur schonungslose Offenheit und glaubwürdige Maßnahmen gegen zukünftigen Missbrauch vermögen in unserem Land und weltweit dazu beizutragen, das zerstörte Vertrauen aufzuarbeiten.

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