Leserbriefe

Die Kirche hat eine Chance vertan

Maike Pfuderer, Stuttgart. Zum Artikel „Neuer Bischof setzt auf neuen Charme“ vom 21. März.

Der neue Charme, mir als linksliberaler Noch-Mitfrau dieser Landeskirche bleibt dieser Charme verborgen. Besitzt ein Wahlverfahren wirklich Charme, bei dem ein Kandidat gewählt wird, der aus einer kleineren Fraktion (Gesprächskreis) kommt, einer Gruppierung, der in der Urwahl zur Synode eben eher wenige der Mitglieder der Landeskirche vertraut haben? Es kommt einem vor als wäre nun Lindner Bundeskanzler und der neue Bischof erweckt bei vielen ähnliche Sympathiewerte. Nachdem nun der Stillstand über 16 Jahre im Mantra von der „Einheit der Kirche des Landesbischofs“ Dr. July gefangen war, kommt nun württembergische Kirchturmpolitik oder analoger Münsterkäse?

Auch der linksliberale Gesprächskreis der Offenen Kirche wird sich fragen lassen müssen, wie dieses Umschwenken mit dem in Einklang zu bringen ist, was sie ihren Wählenden versprochen hat. Ich und andere neigen dazu, sich betrogen zu fühlen. Selbstbewusst ist dieser Mensch, der nun als Kompro-Mister gefeiert wird, dies habe ich damals erlebt als ich ihn, der den Kompromiss zulasten lesbischer und schwuler Ehepaare mitverantwortet, darauf angesprochen habe, dass es nun eben statt alter Diskriminierung neues Unrecht gäbe. Analogkäse eben. Sieht so aus, ist aber in Wirklichkeit was anderes, eben neues Unrecht. Er beschwerte sich in seiner Rede vor der Synode, so mit der Realität konfrontiert zu werden. Der Artikel endet mit dem Ausspruch von Herrn Gohl: „In der Kirche bekommt man etwas miteinander hin oder gar nicht.“

Das ist treffend! Gemeinsame Einigkeit im Sonderweg bringt nichts Gutes zuwege! In einem am 9. Dezember 2017 an dieser Stelle veröffentlichten Leserbrief schrieb ich davon, dass ich dieser Kirche die Chance zur Bewährung geben würde, auch wegen ihrer liberalen Kräfte. Mir scheint, dass diese Chance nun mehrfach vertan wurde. Mit dem Segnungskompromiss der im Einklang mit der neuen Trauordnung die Trauung für Heteropaare exklusiv sieht und der Bischofswahl auch durch vermeintlich liberale Kräfte ist diese Chance vertan. Es waren nun einfach zu viele Schläge auf die andere Wange, auch nach Matthäus 5 Vers 39.

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