Leserbriefe

Deeskalation mit Putin – was ist die Alternative?

Peter Reinhardt, Neckartenzlingen. Zum Leserbrief „Lässt Putin mit sich verhandeln?“ vom 21. April.

Es ist so einfach und tut dem Schreiber so gut, wenn er über Fehler, die andere in der Vergangenheit gemacht haben, kräftig herziehen kann. So wie es jetzt vielerorts über die deutsche/europäische Außenpolitik gegenüber Russland geschieht. Es ist ja richtig, dass diese im Ergebnis nicht das gebracht hat, was wir alle erhofft hatten. Das Gegenteil ist eingetreten: wir haben Frieden erhalten wollen und Putin hat das kalt lächelnd als Schwäche und eher als Ermutigung gesehen. Kann man daraus jetzt einen Vorwurf machen? Ich meine: nein! Denn Politik muss sich zuallererst um Frieden bemühen. Und Politik ist immer ein Risikospiel. Gewissheiten gibt es nicht.

Natürlich hätte man beim Tschetschenienkrieg schon schärfer reagieren können/sollen/müssen. Erst recht bei der Besetzung der Krim. Aber was wäre die Alternative gewesen zu unseren Bemühungen, an so viel Frieden wie irgend möglich zu arbeiten? Bis hin zu „Wandel durch Handel!“ Hätten wir mehr riskieren sollen?

Putin riskiert – die Atomwaffen im Hintergrund – alles, und er treibt uns damit vor sich her. Wo ist die Grenze, die auch wir an Risiko überschreiten dürfen? Ein schrecklicher Gedanken: ein neuer, großer Krieg? Können wir sicher sein, dass dabei nach einem ersten, harten Schlag ein Putin nachgibt? Oder dürfen wir daran glauben, dass harte Sanktionen einen Putin zum Einlenken bringen? Deeskalation haben wir reichlich betrieben. Wir sehen jetzt, wie hemmungslos brutal Putin bereit ist vorzugehen.

Was da jetzt in der Ukraine geschieht, ist ja wohl kaum noch zu toppen. Eine Rechtfertigung dafür gibt es wohl kaum – auch wenn manche es immer noch versuchen. Putin hat uns alle in eine üble Situation gebracht – wir können nur hoffen, dass sie nicht weiter eskaliert. Dumm nur, dass wir gleichzeitig der Ukraine unbedingt helfen müssen – auch wenn es Fehler gegeben haben sollte. Wir sollten/dürfen uns die Sache nicht dadurch leicht machen, dass wir leichtfertig Sündenböcke bei uns suchen. Wir haben es in einem freien Land leicht, dies und das zu schwätzen – im Osten gibt es keine Alternative zu unserem System.

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