Leserbriefe

Russland-Propaganda gegen Fakten

Peter Reinhardt, Neckartenzlingen. Zu den Leserbriefen „Die eigene Sichtweise auf den Krieg“ und „Nuklearen Konflikt darf es nicht geben“ vom 12. November.

Das hätte ich nicht gedacht: dass die knallharte russische Lügenpropaganda – im Stil von Goebbels – Einzug hält in die seriöse Nürtinger Zeitung. Aber gut, das ist Pressefreiheit – die es in Russland nicht ansatzweise gibt.

Gibt es etwas Absurderes als die Ukraine verantwortlich zu machen für den brutalen Angriff durch Russland? Die Ukraine hatte seinerzeit ihre Atomwaffen – es hatte allem Anschein nach selber welche – gegen einen dauerhaften Nichtangriffspakt mit Russland eingetauscht. Heute ist es Putin egal, was damals unterschrieben wurde. Kann jemand wirklich abstreiten, dass Russland/Putin vor einem Dreivierteljahr die Ukraine überfallen hat? Gibt es auch nur einen vernünftigen Anlass für diesen Krieg, der doch wohl mit voller Härte geführt wird? Kann jemand wirklich die Brutalitäten der Russen dort leugnen? Dass auch auf ukrainischer Seite nicht immer alles unbedingt völkerrechtsgemäß abläuft, mag wahr sein. Aber wie sieht es mit der Verhältnismäßigkeit hüben und drüben aus?

In Tschetschenien – da hat der Westen um des lieben Friedens wegen schlichtweg weggeschaut. Vergessen? Wer kann guten Gewissens die Eroberung der Krim rechtfertigen? Das wäre ja, als wenn Deutschland Elsass-Lothringen „zurückholen“ würde, weil das lange Zeit zu Deutschland gehört hätte und seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs mal wieder zu Frankreich gehört.

„Selenskyi zerstört sein Land?“ Na so was! Er kämpft mit Worten und Appellen um die Verteidigung seines Landes. Dass es auch in der Ukraine Korruption gibt, ist nicht gut – klar. Aber gibt es nicht in Russland ein Vielfaches davon?

Und: dass die Ukraine sich nicht entschuldigt für die dort im Zweiten Weltkrieg getöteten Deutschen – ja, wie viel Ukrainer sind von den Deutschen damals getötet worden? Es war ein übler Krieg – den Deutschland begonnen hatte.

Also: blindlings der russischen Propaganda zu folgen, das ist schon hart.

Es ist absolut richtig, dass ein Atomkrieg, wenn er in voller Stärke ausbrechen würde, furchtbar würde. Es gilt, alle Kraft aufzuwenden, dergleichen zu verhindern. Aber man muss auch die Gegenseite sehen: ein übles Dilemma: kann/darf ein jeder Staat, der Atomwaffen hat, mit der Drohung eines Einsatzes dieser Waffe die Nachbarn erpressen oder gar überfallen und besetzen wie es Putin zurzeit tut? Ist das eine Alternative?

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