Weihnachtsgrüße

Ein Zuviel gibt es nicht – auch nicht bei Weihnachtsbäumen

Alina Bonhöfer wundert sich über so manche Besonderheiten der Amerikaner – Nicht nur über die immense Menge an Weihnachtsdekoration bei ihrer Gastfamilie in Seattle

Alina Bonhöfer kümmert sich in Seattle um die zwei Kinder ihrer amerikanischen Gastfamilie.
Vier von diesen schick dekorierten Exemplaren in unterschiedlichen Größen stehen bei Alina Bonhöfers Gastfamilie im Haus.
Die Aussicht vom Space Needle Tower in Seattle ist begeisternd.

Mein Name ist Alina und ich komme aus Oberboihingen. Zurzeit bin ich als Au-pair in Seattle, Washington. Ich lebe mit einer amerikanischen Familie für ein Jahr zusammen und kümmere mich um die Kinder. Mein Alltag beinhaltet, die zwei Mädels zur Schule zu fahren und wieder abzuholen, Spiele zu spielen, zu malen oder Ausflüge zu machen. Ist es manchmal anstrengend? Auf jeden Fall! Aber die Kinder geben einem so viel wieder zurück in Form von Liebe und Zuneigung.

Und das ist es doch genau, worum es an Weihnachten geht. Es heißt ja nicht umsonst das Fest der Liebe. Aber hier in Ami-Land geht es nicht nur um Liebe. Das Wichtigste hier ist die Vorbereitung auf den großen Tag! Vom Dekorieren des ganzen Hauses über Weihnachtslieder bis zum Einkaufen der vielen Geschenke, all das hat hier definitiv einen höheren Stellenwert als das eigentliche Fest.

Für Letzteres eignet sich besonders der „Black Friday“, der Tag nach Thanksgiving. Überall ist so gut wie alles auf das absolute Minimum reduziert. Leute campieren teilweise vor den Läden, um ja das Günstigste und Beste einkaufen zu können. Weil wenn was weg ist, ist es weg. Ich war natürlich auch einkaufen. Hab ich mir unnötige Dinge gekauft? Wahrscheinlich. Waren es am Ende des Tages 250 Dollar weniger auf meinem Konto? Gut möglich. Würde ich es wieder tun? Definitiv! Das Schöne hier zu dieser Zeit ist meiner Meinung nach, auch die ganze Weihnachtsdekoration zu sehen. Egal ob in den Läden, draußen an den Bäumen oder zu Hause. Alles ist voll mit Weihnachtsmännern, Lichtern und Rentieren. Die Häuser sind festlich geschmückt und manchmal könnte man denken, dass es echt zu viel ist. Für die Amis gibt es aber kein Zuviel. Hier gilt der Grundsatz „Mehr ist mehr“.

Ein gutes Beispiel ist meine Gastfamilie. Wie viel Weihnachtsbäume haben Sie denn daheim? Wahrscheinlich einen, so wie jeder normale Mensch, denken Sie jetzt. Tja, meine Familie hat nicht einen. Wir haben auch nicht zwei. Wir haben vier (!) Weihnachtsbäume. Also wer noch keinen hat, einfach vorbeikommen, wir haben mehr als genug. Einen großen für die Leute, die zu Besuch kommen; er steht direkt im Eingangsbereich. Einen weiteren großen im Wohnzimmer für die Familie. Und natürlich wurde dieser ganz traditionell auf dem Autodach transportiert. Dann noch jeweils einen kleinen für die Kinder und für mich. Meiner steht in meinem Zimmer und ich muss ehrlich sagen, ich habe mich schon sehr darin verliebt. Es ist einfach schön, die Lichter an dem Baum leuchten zu sehen, vor allem abends, wenn es dunkel ist. Da kommt direkt noch mal mehr Weihnachtsfeeling auf. Ich bin schon ziemlich gespannt, wie das eigentliche Weihnachten dann hier sein wird, im Gegensatz zu Deutschland. In den drei Monaten, die ich jetzt schon hier bin, habe ich schnell gelernt, dass es definitiv große Unterschiede gibt zwischen den Deutschen und den Amerikanern. Zum Beispiel sind die Amis nie pünktlich, was bei uns in Deutschland ja gar nicht geht. Des Weiteren gibt es hier immer ein schön großes Frühstück mit Eiern, Pancakes, Speck und Würstchen. Ein weiterer großer Unterschied ist, dass die Amis immer sehr freundlich und gut drauf sind. Was man von den Deutschen jetzt nicht unbedingt behaupten kann. Was ich allerdings ziemlich vermisse an Deutschland ist die Autobahn. Das ist auch das einzige Wort, das jeder Amerikaner auf Deutsch kennt, weil alle neidisch sind! Aber wer liebt es denn nicht, mit 200 Stundenkilometern über die Straße zu fegen? Na ja, hier in Amerika sind Waffen ungefähr das, was für uns Deutsche schnelles Fahren ist. Meine ganzen Amifreunde haben zwischen sechs und zehn Jahren das erste Mal mit einer Waffe geschossen. Eine hat ihre erste eigene Waffe zu ihrem achten Geburtstag bekommen. Als ich das gehört habe, war ich schon etwas geschockt. Man geht einfach so in einen Laden rein und kauft sich die neueste Waffe. Aber unter 21 Jahren Alkohol trinken? Das kommt natürlich nicht in Frage! Deswegen geht’s auch über Neujahr nach Kanada. Aber natürlich vermisse ich auch viele Dinge von daheim, vor allem jetzt während der Weihnachtszeit. Allem voran meine Familie und meine Freunde, aber auch die Weihnachtsmärkte, vor allem den in Oberboihingen. Ich hab auch gehört, am Stand der Albvereinsjugend soll es sehr leckere Waffeln geben. Vielleicht ist bis dahin auch der Umbau der Bahnstrecke fertig und die Straße zwischen Wendlingen und Oberboihingen wieder offen . . .

Grüße gehen an meine Familie, die immer für mich da ist und mich bei allem unterstützt, und an meine Freunde, besonders an Clarissa Morgenstern. Danke, dass du alle meine Fragen immer beantwortet hast und mir bei jeder Kleinigkeit geholfen hast! Zu guter Letzt möchte ich Ihnen allen ein wunderschönes Fest wünschen. Genießen Sie die Zeit mit der Familie, Freunde und den Haustieren. Und vielleicht versuchen Sie ja wenigstens für die Feiertage, den Amerikaner in sich selbst zuzulassen und mit einem breiten Grinsen durch die Welt zu laufen.

Alina Bonhöfer

Zur Startseite