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Mehr Orientierung in der digitalen Welt

Die Schulprojekte der Nürtinger Zeitung sollen Medienkompetenz vermitteln

Über 30 000 Kinder und Jugendliche haben mittlerweile an den Zeitungsprojekten der Nürtinger/Wendlinger Zeitung teilgenommen – auch in der vergangenen Saison mit großem Spaß, wie die Auswertung der Projekte zeigt. Vor allem das Schul- und das Grundschulprojekt wollen Medienkompetenz vermitteln und beziehen die digitalen Medien ein. Ein Blick in die Werkstatt.

NÜRTINGEN. Seit 16 Jahren gibt es das Projekt „Zeitung in der Schule“ für die Klassenstufen 8 bis 10. Eine große Konstante ist das Lob, das das Projekt jahrein, jahraus bekommt. Von Lehrern und Schülern. Und auch der Wandel ist eine Konstante. Denn immer mehr spielen digitale Medien eine Rolle. Das gilt durchaus ganz direkt. Die Schüler sollen sehen: Die lokale Zeitung gibt es nicht nur gedruckt. E-Paper-App und Online-Auftritt machen die Zeitung überall und auf jedem Gerät konsumierbar.

Besonders interessant ist das in Schulen wie der Realschule Neuffen. Dort gibt es seit drei Jahren sogenannte Tabletklassen. Direkt in der Schule können die digitalen Angebote der Nürtinger/Wendlinger Zeitung eingebunden werden – wenn auch oft die Faszination für das große Stück Papier ungebrochen bleibt.

Doch „Zeitung in der Schule“ ist auch ein Projekt, das Medienkompetenz vermitteln soll. Die Schüler sollen lernen, Inhalte aus sozialen Medien oder aus anderen diffusen Quellen von journalistischen Nachrichten und Meinungsstücken zu unterscheiden. Damit soll nicht nur der Wert des professionellen Journalismus unterstrichen werden. Es sollen auch die Fallen und Verlockungen der schönen neuen Digitalwelt aufgezeigt werden.

Deshalb wird das Projektmaterial von der Dortmunder Agentur Mediaconsultingteam jedes Jahr aktualisiert. Bereichert wurde es zum Beispiel um die Unterrichtseinheit „Fake News“. Eine Studie der Vodafone-Stiftung Deutschland zeigte schon 2018, dass sich Jugendliche über solch eine Orientierungshilfe im Dschungel der sozialen Medien freuen. Denn zwei Drittel der Befragten zwischen 14 und 24 Jahren sagten, dass „Fake News“ den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland gefährdeten. Und jeder Dritte ist sich unsicher, ob er solche Falschnachrichten überhaupt sicher identifizieren kann. Man ist bei „Zeitung in der Schule“ also auf dem richtigen Weg, wenn man die Vermittlung von Medienkompetenz in den Mittelpunkt stellt und das leidige Thema „Fake News“ immer wieder bespricht.

„Fake News“ sind auch bei Klassenbesuchen ein Thema

Auch bei den zahlreichen Unterrichtsbesuchen der Projektredakteure Andreas Warausch und Philip Sandrock – im gerade zu Ende gegangenen Projekt des Jahres 2019 wurden weit über die Hälfte der teilnehmenden Klassen besucht – wird dieses Problemfeld immer wieder thematisiert.

Große Studien unterstreichen immer wieder die Richtigkeit solcher Einschätzungen. Die internationale Studie „International Computer and Literacy“ mit 14 Ländern und Regionen der nördlichen Halbkugel zeigt, dass deutsche Achtklässler sich seit 2013 bei der Recherche von Informationen im Internet nicht verbessert haben. Schlussfolgerung der Studienmacher: Der Besitz digitaler Geräte allein befähigt nicht zum sinnvollen Umgang mit ihnen.

Auch die bekannte JIM-Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest zum Medienumgang der Zwölf- bis 19-Jährigen spricht eine klare Sprache: 87 Prozent der Befragten nutzen Suchmaschinen wie Google als Informationsquelle, 60 Prozent informieren sich auf Youtube über Themen. Nachrichtenportale von Zeitungen nutzen immerhin rund ein Viertel der jungen Leute. Nicht ganz schlecht – aber ausbaufähig. Denn erst im November zeigte eine Studie des WDR, dass mehr als drei Viertel der Deutschen Tageszeitungen für glaubwürdig halten. Ganz im Gegensatz zu den sozialen Medien.

Die aktuellen Zahlen, die Anke Pidun den Nürtinger Projektmachern traditionell vor Weihnachten vorlegt, korrespondieren direkt mit den Zahlen dieser Studien. Dabei wurden bei „Zeitung in der Schule“ zuerst die Zahlen des Projekts von 2018 analysiert.

Auch hier im lokalen Rahmen genießt die Tageszeitung das größte Vertrauen. 35 Prozent würden ihr am ehesten glauben, dann folgt das Fernsehen (25 Prozent). Und das Internet? Nur 14 Prozent schätzen es als am glaubwürdigsten ein. Dabei sind beinahe alle der 498 befragten Schüler, vor allem Achtklässler, digital unterwegs: 94 Prozent von ihnen besitzen ein Smartphone, 49 Prozent ein Tablet. Die Wichtigkeit solcher Medienprojekte wird von allen Lehrern, die an der Befragung teilnahmen, bestätigt. Ebenso loben sie das Engagement der Nürtinger/Wendlinger Zeitung und der Projektpartner von der Stiftung der Kreissparkasse.

Gefallen am Internetangebot der Nürtinger/Wendlinger Zeitung fanden 31 Prozent der rund 500 befragten Schüler. Über die Hälfte schätzen es als interessant, nützlich, unterhaltsam, modern und auch übersichtlich ein. Man sieht: Die jungen Menschen befassen sich kritisch mit den Angeboten, die man ihnen macht. Weit über die Hälfte der teilnehmenden Schüler bekundete übrigens, die Zeitung nach dem Projekt weiterlesen zu wollen. Sehr erfreulich: Diese Zahlen übertreffen die anderen Zeitungen deutlich. Etwas überraschend: Beinahe die Hälfte will das auf Papier tun, etwas mehr als ein Viertel digital – rund ein Viertel will sich beidem widmen.

Über ein Drittel der Schüler sagt übrigens, dass sie nach dem Projekt besser mit Medien umgehen können. Ganz wichtig für die Vermittlung von Inhalten ist es, dass das Projekt den Schülern Spaß macht: 64 Prozent der Befragten hat das Projekt sehr gut oder gut gefallen.

Noch besser sah es in puncto Spaß bei „Zeitung in der Grundschule“ im Frühjahr 2019 aus. Hier hatten 86 Prozent der befragten 500 Viertklässler viel Spaß oder gar sehr viel Spaß. Und natürlich wurden auch hier Daten zu den digitalen Medien erhoben, denn auch bei den Grundschülern ist das ein Thema: 39 Prozent der Befragten gehen mit dem eigenen Handy ins Netz, nur 17 Prozent sagen, dass sie gar nicht ins Netz gingen. Die Zeitung lesen sie hingegen sehr gerne klassisch auf Papier: 70 Prozent sagen das, nur zwölf Prozent schauen die Zeitung auf dem Handy an. Wohin die Tendenz geht, zeigt ein Blick auf die Elterngeneration: 64 Prozent lesen die Zeitung auf Papier, immerhin 39 Prozent digital.

Dass sich die Eltern Gedanken über die digitalen Aktivitäten ihrer ungefähr zehn Jahre alten Sprösslinge machen, zeigen diese Zahlen: Rund die Hälfte der Eltern suchen für ihre Kinder geeignete Internetseiten aus und sprechen mit den Kindern darüber, was erlaubt ist und was nicht. Dieses Engagement der Eltern wurde im Zuge des letzten Grundschul-Projekts auch mit einer Elternveranstaltung unterstützt. Der Vortrag über die „Generation online“ traf damals auf ein positives Echo – und auch 18 der befragten 28 Lehrer stufte diese Veranstaltungen als wichtig ein.

All diese Zahlen spornen die Projektmacher an. Sie wollen die Projekte weiterentwickeln. Das gilt natürlich auch für den „Zeitungstreff im Kindergarten“, bei dem der Fokus naturgemäß noch nicht auf digitalen Medien liegt – und über dessen Ergebnisse später berichtet werden wird.

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