Leserbriefe

Hilfe für Obdachlose ein Herzensanliegen

Roswitha Oberländer, Nürtingen. Zum Artikel „Jeder Tag ist ein Kampf“ vom 16. Januar. Ich kenne mich aus mit den Obdachlosen. Mein Herz schlug schon immer für die Ärmsten der Armen. Und so schwänzte ich mit 17 Jahren den Religionsunterricht und begab mich zum Kleinen Schlossplatz, wo die armen Leute in einer Gruppe zusammensaßen und ihr Bier tranken. Ich schenkte ihnen mein Butterbrot und unterhielt mich mit ihnen über Gott und die Welt. Als ich wieder in mein Klassenzimmer zurückkam, wurde ich von meinen Mitschülerinnen mit Vorwürfen überhäuft und bekam einen Eintrag ins Klassenbuch.

Jahre später, als ich schon meine drei Kinder hatte, machte ich mich vor Weihnachten auf den Weg in die Unterführung beim Esslinger Bahnhof. Ich war bepackt mit belegten Brötchen, Glühwein, selbst gedrehten Zigaretten und warmer Kleidung, die ich gesammelt hatte und die ich selbst geschenkt bekam von lieben Menschen. Mein Ex-Mann fuhr mich und die Kinder, die damals vier und sechs Jahre alt waren, nach Esslingen. Meine Kinder machten große Augen, als sie die hohlwangigen Männer sahen. Wir unterhielten uns über das Paradies, und ich sah mich mit diesen Menschen schon im Himmel. Ich war gerührt von der Liebe, die von diesen Menschen ausging. Es lag da eine tiefe Verbundenheit und Freude in der Luft.

Ich wollte meinen Kindern zeigen, worauf es im Leben ankam: auf Barmherzigkeit und Nächstenliebe. Meine Kinder – sie sind schon über 30 Jahre alt – haben ein gutes weites Herz für andere. Ein anderes Mal an Weihnachten schnappte ich mir meinen ältesten Sohn, der damals 15 Jahre alt war, holte ein paar Flaschen Wein aus dem Keller, nahm Kleingeld mit und wir fuhren mit dem Bus nach Esslingen in die Fußgängerzone. Dort sahen wir obdachlose Menschen auf dem Gehsteig sitzen. Wir verschenkten ein paar Flaschen Wein, und wir unterhielten uns mit ihnen über die Neue Zeit, die kommen würde und in der wir glücklich sein würden. Die Leute haben sich über meine Worte sehr gefreut und tief zufrieden gingen wir weiter. Nach etwa 100 Meter Richtung Bahnhof trafen wir einen älteren Mann, der bei der Eiseskälte nur einen Pullover anhatte. Den sprach ich an, schenkte ihm eine Flasche Wein und zwei Mark. Der Mann war überwältigt von Freude und Glück, und fröhlich und erfüllt gingen wir unseres Wegs. Wenn ich obdachlose Menschen traf, schenkte ich ihnen oft ein paar Mark oder ich kaufte ihnen Butterbrezeln. Ich sprach meistens mit ihnen, ich wollte ihrer Würde als wertvolle Menschen einen Aufschwung geben, rote Pfennige gab ich nie, die blieben im Geldbeutel. Es war mir schon immer ein Bedürfnis, ja eine Sehnsucht, armen Menschen zu helfen, ihnen Gutes zu tun nach den Worten Jesu: „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“

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