Weihnachtsgrüße

Weihnachten zwischen 1200 Krokodilen

Fabian Ahrens arbeitet in einem Freiwilligenprojekt in Mexiko – Er machte sich auf die Suche nach Parallelen zwischen dem Fest dort und in Deutschland

Am heutigen Dienstagmorgen, dem 12. Dezember, ist es sehr kalt im Örtchen La Ventanilla im Süden des Staates Oaxaca in Mexiko. Es hat 21 Grad Celcius und alle frieren – inklusive mir selbst! Also wird schnell der einzige Pullover im Gepäck angezogen und auf geht es zum Frühstück und danach auf die Lagune mit zugehöriger Insel, um die alltäglichen Aufräumarbeiten zu erledigen, bevor die Touristen kommen. Ich bin für drei Monate über die Organisation Experiment in Mexiko in einem Freiwilligenprojekt. Seit einer Woche fühle ich auch hier etwas Weihnachtsstimmung, seit einige der Bäume mit bunt flackernden Lichterketten behängt sind, aber vor allem seit einem Trip in die Berge, wo es wirklich kalt war und ist und auch mal schneien kann – die Kälte gehört für mich zur Weihnachtsstimmung wohl einfach dazu.

Aber wie feiert man hier in Oaxaca, einem der ärmsten Bundesstaaten Mexikos, noch dazu in einer wenig besiedelten, indigenen Region, eigentlich Weihnachten? Ich begab mich in den letzten Tagen auf die Suche nach Antworten. Zuerst einmal die Frage nach dem Essen: Gibt es ein spezielles Gericht zu Weihnachten? Ja und Nein, denn das typische Gericht „Tamales“ ist bei fast allen Feierlichkeiten der Renner, jedoch sehr zeit- und kostenintensiv. Tamales bezeichnet in Bananen- oder Maisblätter gewickelten Maisteig mit verschiedenen Sorten von Gemüse, Soße und Fleisch oder Fisch. Am außergewöhnlichsten für uns ist wohl die Kombination „Tamales de Iguana Verde con Mole Negro“ – Maisteig mit Fleisch vom grünen Leguan und einer pechschwarzen Soße aus Nüssen, Chili, Zwiebeln, Knoblauch, Schmalz und viel Schokolade. Aufgrund der Verhältnisse hier gibt es aber meist auch an Weihnachten einfach das, was da ist, wie zum Beispiel Hühnchen, Fisch oder Meeresfrüchte.

Als Zweites die Frage nach den Bräuchen. Die nächstgelegene, in den vergangenen drei Jahren von den Bewohnern selbst errichtete Kirche liegt etwa einen halben Kilometer entfernt und wird regelmäßig sonntags und zu besonderen Anlässen aufgesucht. Die Bevölkerung hier ist streng katholisch und dennoch verlaufen die Gottesdienste oder Predigten hier etwas anders ab, zumeist auch nicht in der Kirche. Es wird viel gebetet und gesungen, allerdings nicht zwingend einstimmig und im Chor, sondern jeder wie er kann und mag. Da spielt auch mal das kleine Mädchen von nebenan mit einem blinkenden Flummi zwischen den Gästen, die Mama stillt ihr Baby oder die Jugend sitzt im Hintergrund und lacht lauthals. Auch das Vaterunser („Padre Nuestro“) spricht jeder ganz schnell vor sich hin anstatt auf die anderen zu warten.

Als Letztes natürlich die für viele in Deutschland wichtigste Frage: Was schenkt man sich zu Weih- nachten? Eine Frage, die sich hier zwar auch gestellt wird, aber in etwas anderer Form: Können wir den Kindern dieses Jahr etwas schenken? Meist lautet die Antwort „Nein“. Da die meisten Jugendlichen ihre ersten Kinder im Alter zwischen 13 und 17, spätestens aber um die 20 bekommen und nur sehr wenige nach der Sekundarschule noch auf eine „Preparatoria“, vergleichbar mit dem Gymnasium, und zur Universität gehen, wird schon zum Lebensunterhalt der Familie beigetragen. Die Arbeit hier wirft trotz viel Tourismus aber nur so viel ab, dass alle ernährt und die wichtigsten Dinge gekauft werden können. Wenn es das Budget, das die Frauen hier verwalten, zulässt, bekommen die Kinder mal in der Gemeinschaft eine Kleinigkeit. Dann werden zum Beispiel ein paar glitzernde und leuchtende Flummis gekauft oder gar eine Puppe für die Kinder. Wie man sieht – die Gegebenheiten sind in vielen Hinsichten anders als bei uns und trotzdem sind die Menschen hier gefühlt mit weniger glücklich, als sie sich wünschen würden. Außerdem erwarten sie ab Weihnachten auch viel Tourismus und die Hochsaison mit dem größten Einkommen des Jahres.

Wie das Weihnachten für die 1200 Krokodile in der Lagune abläuft wollte mir Lucho, das Alpha-Krokodil mit einer Länge von 4,5 Metern, leider nicht verraten. Wer will, kann aber gern nach Ventanilla kommen und ihn selbst fragen!

In diesem Sinne auf jeden Fall viele Grüße nach Deutschland und „Feliz Navidad“!

Fabian Ahrens

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