Weihnachtsgrüße

Was Stifte, Witze und ein klares Nein mit Reisen zu tun haben

Rebecca Gras hat ihren Rucksack voller Gegenstände, Ratschläge, Vorstellungen, Ängste und Vorfreude inzwischen neu sortiert, manches weggeworfen und Neues hinzugefügt

Rebecca Gras genießt die neuen Erfahrungen, die sie auf ihrer Reise macht.

Frei nach Pippi Langstrumpf habe ich mir gesagt „Das habe ich noch nie ausprobiert, also geht es sicher gut!“ und bin Anfang Oktober in den Flieger nach Bangkok gestiegen. Vollkommen ahnungslos und etwas gestresst von meinen „Das reicht auch morgen noch“-Vorbereitungen, wie Visum oder sämtliche Impfungen, habe ich dann meinen Rucksack gepackt mit Gegenständen, Ratschlägen, Vorstellungen, Ängsten und Vorfreude. Manches davon ist sehr nützlich, anderes schon lange im Müll.

Für zukünftige Reisen hier meine Packliste: Taschenmesser

Für noch etwas zu grüne Bananen auf Aussichtspunkten zum Frühstück. Oder für Mangos an einsamen Stränden, die jegliche Geschmackserlebnisse in den Schatten stellen.

Kopfhörer

Für das bittere Überleben in schnarcherfüllten Acht-Bett-Zimmern. Oder für das In-einer-Blase-Fühlen beim gut besuchten Sonnenaufgang vor Angkor Wat mit Liedern wie „Welt der Wunder“, „Jetzt“ oder „Wanderer“.

Salben

Für faulige Zehen, die einen am Schwimmen, Erforschen und Tanzen hindern wollen. Wobei ich dann doch, trotz Salbe, einen Teil meines Nagels opfern musste.

Insektenspray

Wichtig für den volles Genuss von Sonnenauf- und -untergängen. Und außerdem kann ich dadurch das Geld, das für Malaria- und Denguefieber-Tests draufginge, für Schmuck ausgeben. Deshalb werde ich wohl in ein paar Wochen wieder zu Hause sein, weil ich mich nicht zügeln kann.

Sportsachen

Für Mua-Thai-Stunden in Hinterhöfen mit abgeratzten Boxhandschuhen, die mir außer Bizepsskills eine neue Kontrolle über meinen Körper und ’ne Packung Selbstbewusstsein geben.

Schach

Damit das Knistern zwischen den Synapsen vom In-der-Sonne-liegen nicht verstummt. Außerdem macht es sich gut in Bars mit Fremden, die dann zu Freunden werden.

Ratschläge

„Mach nicht ganz so viel verantwortungslosen Scheiß!“: Inzwischen habe meine Vorsicht von fünf auf sieben Prozent upgegradet. Dazu gesunden Menschenverstand und ’ne Brise Glück – dass sollte reichen! Schließlich darf ich kein Abenteuer verpassen. Und auf die Frage „Sollen wir misstrauisch sein?“ hab ich dann mit „Nö“ geantwortet und dann waren wir nicht misstrauisch und alles ging gut. Eigentlich ganz einfach. Ratschläge, die nicht ausgesprochen werden, sondern vorgelebt werden, sind aber die hilfreichsten. So habe ich mir von einem thailändischen Mädchen abgeschaut, dass es nichts bringt, sich über Dinge oder Gegebenheiten aufzuregen, die nicht in deiner Hand liegen. (Hast du schon mal probiert, in Bangkok mit dem Auto von einem Ort zum anderen zu kommen?) Das Einzige, das man dadurch erreicht, ist die Wut in einem, die die Situation noch ätzender erscheinen lässt.

Also lieber locker-flockig ein Grinsen ins Gesicht. Ganz im Gegensatz dazu Ratschläge wie „An Straßenständen musst du mit dem Essen aufpassen!“, „Achte beim Kauf von Wasser auf das ,Klack‘ beim Öffnen oder trinke nur Getränke ohne Eiswürfel!“. Die Straßenstände haben meiner Erfahrung nach das beste Essen und das für unbegreiflich geringe Preise (Pad Thai, Papayasalat, Suppen für etwa einen Euro). Und der Eistee, der auf den meisten Tischen steht, hat außer einer vollen Blase nichts anderes in meinem Körper ausgelöst.

Hilfreiche Apps

Wie zum Beispiel „Maps.me“, damit ich in Verhandlungen mit Tuk-Tuk-Fahrern nicht über den Tisch gezogen werde. Oder damit ich nach Abenteuern, die bis in die Nacht reichen, den Weg zurück ins Hostel finde. Auch „Simple Currency“ ist sehr hilfreich, damit ich beim Länder- und Währungswechsel nicht den Überblick verliere.

Seekrankheitstabletten

Damit ich bei starkem Wellengang auf der Fähre zur nächsten Abenteuerinsel nur meine Mütze und nicht noch meinen Mageninhalt verliere. Oder damit ich nach der Fahrt ins Riff nicht bei 18 Meter unter dem Meeresspiegel in mein Atemgerät kotzen muss. (Was technisch gesehen möglich wäre und sicher fantastische Meeresbewohner anlocken würde, aber gefühlsmäßig zum Kotzen wäre.)

Verhaltensweisen

Durchhaltevermögen, wenn die Mandelentzündung der Magenentzündung die Hand reicht. Oder bei einer traditionellen Thai-Massage, wo deine Schwachstellen aufgedeckt werden. Allerdings belohnt das Gefühl danach das Ganze dann und ich kann zum nächsten Obststand schweben). Dagegen ist Geiz völlig fehl am Platz! „Mein, dein, das sind doch bürgerliche Kategorien“ – so Mark Uwe Kling. Ein Gericht, Obst oder ein Getränk, das man nicht teilt, schmeckt nur halb so gut. In Asien gibt es so unendlich viele Leckereien, würde man da immer nur sein eigenes Gericht alleine essen, würde man ja gar nicht alles probieren können und so vieles verpassen!

Neue Lieblingsgefühle

Wie der Fahrtwind, der auf der Fähre oder auf dem Roller um meine Nase kitzelt und durch meine Haare tanzt. (Da stört der Helm, Mama!) Oder Freundschaften in Minuten schließen und glücklich darüber zu sein, sich auf der anderen Seite der Welt zwischen acht Milliarden Menschen getroffen zu haben. Das Schöne daran ist auch, dass ich nicht nur in meiner eigenen Geschichte lebe, sondern die der anderen mitschmücke. So viele tolle Menschen, die ich gerne in meinen Rucksack stecken würde und mit nach Hause nehmen möchte. Doch leider darf der besagte Rucksack nur mit 15 Kilo in den Flieger. Oder das Tanzen im Flackerlicht am Strand, so ganz wie ich will, zu Sätzen wie „I love how you dance, it is so unique!“ und ich lachen muss, weil ich mir vorstellen kann, wie ich dabei aussehe.

Zwei Handtücher

Damit ich eines nach einer Woche verlieren kann und noch ein anderes habe, das dann das Wasser von wilden Wasserfällen, Poolnoodle-Pools und magischen Meeren schmecken kann.

Stifte

Für Postkarten an meine Liebsten zu Hause, auf denen aber meistens nicht viel mehr als deren Adresse steht. Wetter gut, Strand gut, ich gut.

Feuchttücher

Für Obstorgien, wo auch immer mir gerade danach ist (ein nobler Handyladen in einem Einkaufszentrum in Bangkok war wohl eher ein unpassender Zeitpunkt). Oder nach dem Benutzen von Raststätten-„Toiletten“.

Tigerbalsam

Wundermittel gegen und für so ziemlich alles. Gegen juckende Stiche, verspannte Muskeln, für frisches Durchatmen oder auch als Parfümersatz. Letzteres kommt in kleiner Menge auf die nächste Packliste, denn etwas Duft ist so im Kontrast zu den muffigen, nach Monaten im Rucksack steckenden Kleidern ganz angenehm.

Haarbänder

Wichtig, da sich durch das Salzwasser und den besagten Fahrtwind immer wieder kleine Fusselhaare in meine Augen, Nase und Mund schummeln und mich das wütend macht. Bin ja lieber glücklich.

Witze

Für Abendessen an Straßenrändern, von denen ich Bauchschmerzen bekomme (aber nicht vom Essen, sondern vom Lachen). „Wie heißt ein Schummler im Dschungel? – Mogli!“

Ein klares Nein

Für hartnäckige Tuk-Tuk-Fahrer, wenn ich lieber laufen möchte oder für Kleidungsangebote auf Märkten, wenn es meiner Meinung nach zu heiß für einen Schal ist.

So, jetzt seh’ ich das Festland und beschließe, dass hiermit die Packliste und die Grüße – die lieben Grüße – zu Ende sind. Ich denk’ an euch und drück euch fest!

Rebecca Gras

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