Weihnachtsgrüße

Ein aus Klopapierrollen gebastelter Adventskranz sorgt für Stimmung

Anna Kugler und Franka Vetter leben und arbeiten zurzeit in einem Kinderheim in Nepal – Inzwischen haben sie sich an das Leben im Himalaya mit seinen Freuden und Leiden gewöhnt

Seit mittlerweile vier Monaten leben wir nun schon in Kathmandu, der Hauptstadt von Nepal. Dort wohnen und arbeiten wir in einem Kinderheim namens „Haus der Hoffnung“, das von einer Deutschen aus Schwäbisch Gmünd, Ellen Dietrich, gegründet wurde. Unsere Aufgabe ist es, mit den Kindern zu lernen, Hausaufgaben zu machen und zu spielen.

Im Kinderheim leben auf zwei Häuser verteilt über 100 Kinder im Alter von vier bis 16 Jahren. Nur wenige haben gar keine Eltern mehr. Die meisten Kinder sind Halbwaisen und andere sind hier, weil die Familien viel zu arm sind, um für sie sorgen zu können. Seit unserer Ankunft im August sind schon über zehn neue Kinder dazugekommen. Genau wie die Anzahl der Kinder steigt auch die Zahl der Praktikanten. Während es im Juli gerade einmal drei waren, vergrößerte sich die Gruppe im Oktober auf ganze 17 Freiwillige. Die Ersten verlassen uns aber schon wieder.

Wir leben zusammen mit sechs anderen Mädchen und einem 23-jährigen Nepali im obersten Stock des Hauses, in dem die Kinder von vier bis zwölf Jahren wohnen. Gemeinsam teilen wir uns ein Drei-Quadratmeter-Bad mit kalter Dusche, auf die nicht immer Verlass ist, da das Wasser manchmal für ein paar Stunden wegbleibt. An die harten Stockbetten in den Vierer-Zimmern und die gelegentlichen Stromausfälle haben wir uns schnell gewöhnt, an die Kakerlaken, die einen nachts auf dem Klo überraschen, noch nicht.

Jeden Morgen stehen wir um 5.45 Uhr auf, lernen über eine Stunde lang mit den Kindern, singen und frühstücken zusammen und bringen sie anschließend zum Bus. Danach verbringen wir unsere freie Zeit im Touristenviertel Thamel, machen Ausflüge oder entspannen auf unserem Balkon. Um 16 Uhr holen wir die Kinder vom Bus ab und machen mit ihnen bis zum Essen Hausaufgaben.

Zum Abendessen gibt es das Gleiche wie zum Frühstück, nämlich Dal Bhat bestehend aus Reis, Linsensuppe und Gemüse. Obwohl es immer dasselbe ist, haben wir es noch nicht über. Es schmeckt uns sogar mit jedem Tag besser. An Samstagen (den nepalesischen Sonntagen), Feiertagen und Ferientagen beschäftigen wir die Kinder mit Kartenspielen, Armbänder knüpfen, Bastelstunden, Fußball- und Völkerballturnieren, Kinderdisko und stellen den flechtwütigen Mädchen unsere Haare zu Verfügung. Sie selbst haben alle kurze Haare, da sie nur einmal die Woche duschen und die Läuseprobleme, die auch schon ein paar von uns Praktikanten gequält haben, so eingeschränkt werden. Die vier Monate, die wir nun schon hier leben, sind nicht unbedingt schnell vergangen, weil die Tage sich sehr gleichen und wir ein paar Wochen gebraucht haben, um uns einzuleben. Mittlerweile fühlen wir uns aber sehr wohl und sehen das Kinderheim als unser Zuhause an, weil wir mit den Umständen und der nepalesischen Art vertraut geworden sind. Außerdem haben wir enge Freundschaften zu den anderen Praktikanten aufgebaut und auch die Kinder sind uns sehr ans Herz gewachsen. Wir haben beide bereits mit unseren Familien eine Patenschaft für ein Kind übernommen und hoffen, dass der Briefkontakt noch einige Jahre anhält und wir verfolgen können, wie unsere zwei kleinen Jungs erwachsen werden. Der Abschied von den Kindern wird uns schwerfallen und wie wir ohne das tägliche Dal Bhat leben sollen, können wir uns auch noch nicht vorstellen.

Allein schon auf unseren zwei Reisen haben wir es nach wenigen Tagen sehr vermisst. Im September waren wir mit zwei anderen Praktikanten für zwölf Tage zuerst im Chitwan-Nationalpark, wo wir auf Elefanten geritten sind, Nashörner und Affen beim Dschungelspaziergang und Krokodile beim Kanufahren gesehen haben. Danach waren wir in Pokhara, der zweitgrößten Stadt Nepals, zum Paragliding, Fahrradfahren, Essen gehen und entspannen. Ende November waren wir ein zweites Mal in Pokhara. Dieses Mal haben wir nicht entspannt, sondern den viertägigen Poonhill-Trek im Himalaya-Gebirge gemacht. Der Trek war zwar anstrengend, aber wir wurden mit einer unglaublichen Sicht vom 3200 Meter hohen Poonhill auf die Annapurna Range belohnt. Dieses Erlebnis werden wir so schnell nicht vergessen.

Weihnachten wird in Nepal nicht gefeiert, da der Großteil der Bevölkerung hinduistisch oder buddhistisch ist. Stattdessen haben wir hier die zwei größten nepalesischen Feste mitgefeiert. „Dashain“ ist mit Weihnachten vergleichbar, da die Familie zusammengeführt wird. „Tihar“ hat uns auch etwas an Weihnachten erinnert, da die ganze Stadt mit Lichterketten geschmückt war, es besonderes Essen gab und ausgelassen gefeiert und getanzt wurde. Am 24. Dezember werden wir den Kindern die Weihnachtsgeschichte erzählen und am 25. Dezember bekommt jeder ein Paar Socken und Süßigkeiten geschenkt. Außerdem haben wir den Kindern einen Adventskalender gebastelt, sodass nun jeden Tag ein paar von ihnen kleine Päckchen mit Süßigkeiten bekommen.

Um diese Zeit wird es bei uns auch kalt sein. Zwar nicht im Minusbereich, aber aufgrund fehlender Heizung werden auch wir uns dick einpacken müssen. Damit wenigstens ein bisschen Weihnachtsstimmung aufkommt, werden wir uns notdürftig aus Klopapierrollen einen Adventskranz basteln und hoffen, dass die Päckchen der Familien den langen Weg nach Nepal finden.

Silvester feiern wir noch in Nepal im Kreise der Praktikanten, weil das Jahr 2074 in Nepal erst im April beginnt. Kurz darauf verlassen wir Nepal, um für zwei Monate in Thailand, Kambodscha und wer weiß wo sonst noch zu reisen. Jetzt wünschen wir aber erst mal allen zu Hause in Deutschland wunderschöne Weihnachten!

Anna Kugler und Franka Vetter

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