Licht der Hoffnung

Neue Hoffnung für das Darjeeling

Die Weihnachtsaktion unserer Zeitung hat für die Menschen in einem Dorf viel Gutes bewirkt – Sehnsucht nach guter Zukunft

„Licht der Hoffnung“ änderte ihr Leben: Dank der Spenden unserer Leser konnte eine Hand-Nähmaschine für die jungen Frauen aus Tinchuley angeschafft werden, dank der sie durch Heimarbeit ihren Unterhalt verdienen können. Fotos: Bhattacharya
Auch die Kinder der Schule von Tinchuley freuen sich über Nürtinger Hilfe.

Tinchuley – Freunden unserer Aktion „Licht der Hoffnung“ ist der Name dieses Dörfchens in der indischen Bergregion Darjeeling vielleicht ein Begriff: Vor zwei Jahren haben Sie, liebe Leser, unter anderem soziale Projekte dort unterstützt. Und sie tragen reiche Frucht.

Das wird aus dem Bericht deutlich, den Basav Bhattacharya, ein Freier Mitarbeiter der Times of India, mit dem unser Redakteur Jürgen Gerrmann während seines Aufenthalts in Calcutta im Rahmen des Projekts „Nahaufnahme“ des Goethe-Instituts in engem Kontakt stand, unserer Zeitung schickte.

Darin geht er auch auf die Auswirkungen der jüngsten Wahlen in Indien ein. Dabei wurde ja die traditionell regierende Kongress-Partei (unter Führung der Familie Gandhi) spektakulär abgewählt. Die Hoffnungen ruhen nun auf dem neuen Premierminister Modi. Auch im Darjeeling, das gern ein eigener Bundesstaat werden würde. Über all das schreibt Basav Bhattacharya:

Neuer Aufschwung in Indien – dank der Lotusblume?

Eine Lotusblume hat in Darjeeling, dem nördlichen Distrikt von West-Bengalen im Osten Indiens geblüht. Das ist in Indien nichts ungewöhnliches. Der Lotus ist eine gewöhnliche Blume. Aber dieser Lotus hat Geschichte geschrieben, denn auf ihm ruhen die Hoffnungen auf ein besseres Leben in Indien – politisch und ökonomisch.

Wird der Lotus das Leben der Menschen in den Hügeln von Darjeeling verändern? Die Hoffnungen von Sharmila, Benita und Sangeeta – drei Frauen, die von der Aktion „Licht der Hoffnung“ der Nürtinger Zeitung unterstützt wurden – sind groß. Aber sie wissen, dass noch ein steiler Weg vor ihnen liegt. Ein schwererer Weg als die vertrauten Straßen, die zu Hause die Hügel hinaufführen. Es gibt viele Hürden, die sie überwinden müssen, bis ihr Lächeln zurückkommt.

Warum ist ein Lotus so wichtig in der indischen Geschichte? Nun, er ist das Symbol der Bharatiya Janata Partei (BJP/zu Deutsch: Indische Volkspartei), der Partei des neuen indischen Premierministers Narendra Modi. Indien hat seine Hoffnungen darauf gesetzt, dass sich ein Modi-Zauber ereignet. Die Stimmen Indiens haben Modi zum Premierminister der größten Demokratie der Welt gemacht. Nun wollen die Inder, dass sich der Wandel vollzieht.

Die BJP hat die Wahlen im Juni auch in Darjeeling gewonnen und damit den sehr mächtigen Trinomool Congress (Graswurzel-Kongress) Partei geschlagen, die in West-Bengalen regiert. Dieser Sieg hat große Hoffnung auf Freiheit in den Herzen der Einwohner entflammt.

Furcht vor einer ungewissen Zukunft

Die Einwohner des Darjeeling kommen nämlich hauptsächlich aus Nepal, Lepcha und Bhutan. Sie lebten ein einfaches Leben in den Hügeln, arbeiteten hart, um an den Hängen Nahrungsmittel anzubauen. Sie beschützten Tiere und Natur. Sie aßen, sangen und lebten ein friedvolles Leben.

Dieser Frieden ist jedoch seit drei Jahrzehnten gebrochen. Diese stillen Hügel wurden mit blutiger Agitation überzogen, um einen separaten Staat innerhalb der indischen Republik zu errichten. Darjeeling will nicht mehr Teil West-Bengalens sein. Frauen wie Sharmila, Benita und Sangeeta fürchten sich vor einer ungewissen Zukunft.

Es wird erwartet, dass Darjeeling sich viel schneller entwickelt, wenn es erst ein separater Bundesstaat ist. Entwicklungshilfe-Gelder werde dann nicht mehr vom indischen Staat kanalisiert. Und es wird behauptet, dass die Regierungsarbeit besser werde. Kurz, es werde mehr Frieden und Wohlstand geben.

Die Ursache der Missstände reicht bis in die Zeit der Briten zurück

Seit die Briten 1827 entschieden, Darjeeling ihrem Imperium hinzuzufügen und eine kleine Stadt und eine Bahnlinie zu bauen, um die Seidenstraße mit Tibet zu verbinden, entwickelte sich die Gegend nur langsam. Und es hat einige Missstände mit sich gebracht.

Die Briten und die Männer aus der Ebene kauften Land, zerstörten Wälder, um Plantagen anzulegen und sie kauften alle Produkte (meist Tee, um sie mit Profit wieder zu verkaufen). Tee aus der Region erzielt weltweit Höchstpreise, aber die Anteile des Profits, die auf die Hügelbewohner verteilt wurden, waren eher spärlich.

Heute ziehen die Hügel eine Menge Touristen aus ganz Indien und dem Ausland an. Die Urlauber genießen die schöne Landschaft und kaufen ein wenig des weltbesten Tees. Tourismus ist eine wichtige Einkommensquelle, und junge Männer aus allen Familien arbeiten in der Tourismusbranche.

Doch nicht jeder profitiert. Die Welt veränderte sich, und so änderte sich die ökonomische Situation in Darjeeling ebenfalls: Weil sie sich ein besseres Leben erhofften, verließen junge Männer und Frauen die Hügel und ihre Heimat. Diejenigen, die zurückbleiben, haben kein komfortables Leben.

Viele sind verarmt. Frauen enden als Prostituierte. In den Dörfern kümmern sich Frauen um die Hausarbeit, während die Männer in den Teegärten und als Bauarbeiter arbeiten. Die Kinder gehen nur zur Schule, um zu essen, weil die Regierung ein kostenloses Mittagessen anbietet. Bücher sind nicht so wichtig.

In dem kleinen Dorf Tinchuley in Darjeeling haben sich Sharmila, Benita und Sangeeta entschlossen, zu bleiben. Sie arbeiten in der Grundschule als Freiwillige, aber sie erhalten keinen Lohn. Sie werden befristet bezahlt. Aber man kann sein Leben nicht auf einem ungewissen Einkommen aufbauen.

„Licht der Hoffnung“ änderte ihr Leben. Durch das Projekt unserer Zeitung erhielten sie eine Hand-Nähmaschine und lernten, wie man sie bedient. Sie nähen seitdem Kleidung und verkaufen sie. Das ist Heimarbeit, mit der sie ihren Unterhalt bestreiten können.

Sie werden von Dipendra Gurung angeleitet – einem Sohn Darjeelings, der hart geschuftet hat, um das Leben in den Hügeln zu verändern: in ökonomischer und sozialer Hinsicht. Dipendra hat Stickerei-Unterricht eingerichtet und ihnen ein Atelier eingerichtet. Die Frauen fertigen gute Kleidung. Ihr Einkommen ist noch klein – mit der Aussicht auf Wachstum.

Der große Traum des Dipendra Gurung

Die drei Frauen lieben die kleinen Kinder in der Schule: Einige sind Waisen, einige haben keine Mütter zu Hause. Die kleinen Jungs und Mädchen würden gerne lernen und ein komfortableres Leben führen.

Dipendra Gurung hat für sie alle einen Traum. Er hat einen erstklassigen Abschluss in Betriebswirtschaft und seinen lukrativen Job aufgegeben, um in seinem Dorf zu arbeiten. Er träumt davon, dass die Frauen des Dorfes im Leben Fuß fassen. „Sie sollten ein finanziell unabhängiges Leben führen können“, sagt er. Nur dann werde die Wirtschaftslage in den Hügeln von Darjeeling stark und autark sein.

Dipendra Gurung kümmert sich auch um die kleinen Jungen und Mädchen in der Schule. Durch die Initiative „Licht der Hoffnung“ der Nürtinger Zeitung konnte man den Kindern nun Regenmäntel und warme Kleidung, Bücher und Spielzeug kaufen. „Ich würde mich sehr freuen, wenn ein Kind sein Schulexamen besteht und dann für ein Studium ins Ausland reisen könnte“, sagt er. Schwierig, aber nicht unmöglich.

Dipendra Gurung weiß, dass es für Darjeeling als separatem Staat innerhalb der Indischen Union schwierig sein wird. Der neue Staat wird rücksichtslose Opposition der in West-Bengalen regierenden Trinomool Congress Partei erfahren. Er weiß, dass es zu Blutvergießen führen wird, wenn man dagegen revoltiert. Aber eine Änderung könne erreicht werden, wenn der Einfluss der regierenden Partei null und nichtig werde. Das ist nicht Politik, sondern der verzweifelte Wunsch, den Armen in den abgelegenen Hügeln Darjeelings Gutes zu tun.

Für Dipendra Gurung, Sharmila, Benita und Sangeeta ist die Lotusblume Indiens ein Zeichen für eine Änderung zum Besseren. Diese wunderschöne Blume ist ein Symbol für Stabilität, Stärke und Wachstum und eine Auserwählte der Götter.

Ja, der Götter, denn die Blume wird gehalten von Lakshmi, Siddhidata, Ganesha, Vishnu, den wichtigsten Gottheiten Indiens, während Buddha auf einer Lotusblume sitzt.

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