Licht der Hoffnung

Musik in Uniform ist viel mehr als Marschmusik

Licht der Hoffnung: Bigband der Bundeswehr mit Rock, Swing und exotischen Rhythmen in der Stadthalle K3N zu Gast

Ein riesiges Repertoire und Rhythmus unter der Uniform: Die Bigband der Bundeswehr im K3N. Foto: Holzwarth

NÜRTINGEN. „Andere Städte bemühen sich seit Jahren um einen Auftritt der Bundeswehr-Bigband – bei uns ist sie bereits zum vierten Mal zu Gast!“, freute sich Oberbürgermeister Otmar Heirich. Mit dem zehnjährigen Bestehen der Stadthalle K3N, in deren Großem Saal die Bigband am Montag gastierte und der Spendenaktion „Licht der Hoffnung“ gab es gleich einen doppelten Anlass, sich dem Nürtinger Publikum zu präsentieren.

Selbiges wusste wohl zu schätzen, was ihm da geboten wurde. Auch unter der Leitung des neuen Dirigenten Christian Weiper, dem militärischen Rang nach Oberstleutnant, gilt: Musik in Uniform muss keineswegs gleich Marsch sein. Im Gegenteil: Wären schon die synkopierten Rhythmen der Swing- und Shuffle-Sounds einer klassischen Bigband der absolute Horror jedes eingeschworenen Kommiskopfes, hätte der mit der Eingliederung von Blues- und Rockmusik in das Repertoire der Bigband das endgültige Ende jeglichen Preußentums in Blau kommen sehen.

Nach einem furiosen Start mit einem Afro-Beat, der Drummer Ralph Winter gleich eine erste Gelegenheit gab, darzustellen, welch tragende Rolle er im Gefüge der BW-Bigband spielt, waren Musiker wie ihre rund 600 Zuhörer schon mal in die richtige Stimmung gebracht, „in the Mood“ eben. Und dementsprechend gehörte die nächste Viertelstunde dem musikalischen Gedenken an Glenn Miller und seinen einzigartigen Sound.

Danach aber kam schon so etwas wie eine stilistische Kehrtwende. „Get this Party started“ war eine Soul-Glanznummer von Shirley Bassey und zu deren Realisierung hatte das Ensemble eine echte Geheimwaffe im Köcher: Sängerin Bwalya Chimfwembe bewies, dass sie dem US-amerikanischen Vorbild in nichts nachsteht, was sich im Übrigen auch im folgenden Simply-Red-Medley mehr als bestätigte. „Holdin back the Years“, „Fall from the Stars“ und – ganz besonders berührend – „If you don’t know me by now“ machten deutlich, was für eine Perle sich da in das musikalische Kronjuwel der Bundeswehr einfügte.

Quincy Jones, Chuck Mangione, Tower of Power, Stevie Wonder oder Lionel Richie – das Repertoire und letztlich auch der Stil des Orchesters glich über weite Strecken eher dem einer Rockband mit erweiterter Horn-Section, als dem klassischen Bild einer Bigband der Swing-Ära. Dafür stand auch ein Instrumentarium, das von der Elektro-Gitarre und dem E-Bass über den Sound einer Hammond-Orgel bis hin zu einem – ja – Didgeridoo und den dazu passenden Wassertrommeln reichte.

„Superstitious“ und „Ain’t no Mountain high enough“, von Bwalya Chimfwembe und Ralph Winter, der keineswegs nur als Drummer zu brillieren wusste, im Duett gesungen, machten ein „Motown“-Medley zu einem echten Höhepunkt des zweieinhalbstündigen Konzertes der Bundeswehr-Bigband, die auch mal ihre beiden Schlagzeuger allein auf der Bühne ließ, um sie im Rahmen einer klassischen „Drum-Battle“ herausfinden zu lassen, wer nun, so Dirigent Christian Weiper, Jäger und wer der Gejagte ist. Ein seltener Höhepunkt und äußerst ungewöhnlich für eine Bigband war jedoch die Interpretation der heimlichen Nationalhymne Australiens: Posaunist Bert Conzen ließ sein Instrument begleitet von Wassertrommeln, Didgeridoo und Akustikgitarre die Geschichte jenes armen Teufels erzählen, der sich lieber ertränkte, als sich der Polizei der Mächtigen zu ergeben: „Waltzing Matilda“, ein Lied, das Widerstand gegen die Staatsgewalt propagiert, mit den Instrumenten eines Instituts derselben zu hören, ruft schon seltsame Gefühle hervor.

„I once was lost but now I’m found“ war die Kernaussage der ausgedehnten und ausgesprochen abwechslungsreich vorgetragenen Zugabe eines fantastischen Konzertes, das, wie auch OB Heirich im Schlusswort unterstrich, nach einer fünften Auflage im K3N geradezu schreit: „Amazing Grace“ gab Sängerin Bwalya noch einmal Gelegenheit, ihr überragendes Können unter Beweis zu stellen.

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