Licht der Hoffnung

„Es gibt doch noch Zeichen der Hoffnung“

Das auch von Nürtingen aus unterstützte Projekt von Pfarrer Lothar Zagst in Ecuador ist in Schwierigkeiten geraten

Die Berufsausbildung in El Laurel in Ecuador (hier die Automechaniker) soll auch weiterhin gesichert bleiben. Foto: Kohler

Jahrelang gab es eigentlich nur gute Nachrichten aus El Laurel: Das Projekt von Pfarrer Lothar Zagst, das von einem Initiativkreis in Nürtingens katholischer Kirchengemeinde und auch durch unsere Aktion „Licht der Hoffnung“ unterstützt wurde, wuchs, gedieh und blühte auf. Aber nun heißt es, eine ernste Krise durchzustehen.

Darüber berichtete der aus Stuttgart stammende Seelsorger, der die Hilfe für arme Reisbauern zu seiner Lebensaufgabe gemacht hat, dieser Tage seinen Nürtinger Freunden und auch in der Redaktion unserer Zeitung.

Ursache ist laut Pfarrer Zagst die Politik des Präsidenten Rafael Correa, die dieser mehr und mehr forciert. Motto: „Mehr Staat und weniger privat!“ So könne nun jeder kostenlos Grundschulen, Gymnasien und Unis besuchen – aber an den Hochschulen müssten gleichzeitig alle Seminare und Kurse bezahlt werden, sodass immer mehr absprängen, weil sie sich das nicht leisten könnten.

Kleine Schulen müssten nun zusammengeschlossen werden. Die Kehrseite: Viele Kinder wüssten gar nicht, wie sie in die Zentralschule kommen könnten. Und dort reichten die Räume oft auch gar nicht aus. Zelte würden aufgestellt, und die Schüler müssten Stühle selbst mitbringen.

Und: Der Präsident verlange für alle Berufe mittlerweile Abitur. Das führte für El Laurel zu dramatischen Konsequenzen: Die Kombination aus Sekundarstufe und Berufsschule, für die man eine provisorische Genehmigung hatte, ist nicht mehr erlaubt. Das Centro de Formacion Professional Laurel musste binnen einer Woche geschlossen werden. 60 junge Leute in den Klassen für Automechaniker, Elektriker, Näherinnen, Köche, Friseurinnen und Kosmetikerinnen wussten nicht mehr, wie es weitergehen sollte.

Aber Lothar Zagst ist keiner, der so schnell aufgibt. Also nahm er sofort Kontakt mit der Rektorin des Technischen Gymnasiums in der Nähe auf. Man organisierte einen dreiwöchigen Kurs zur Vorbereitung auf eine Aufnahmeprüfung – und siehe da: Alle haben bestanden.

Das Projekt von Lothar Zagst revanchierte sich: Auch in dieser staatlichen Schule fehlten Stühle und Bänke. Doch das hat sich geändert: „Dafür haben unsere Schreiner und Schweißer gesorgt.“

Die früheren Schüler wollte man natürlich nicht im Stich lassen. Sie hatten weder die vorgeschriebene Schulkleidung noch Bücher. Doch das wurde dann aus Spendengeldern beschafft.

Indes stellt sich nun eine große Frage: „Was machen wir mit unseren Einrichtungen?“ Darüber muss Lothar Zagst nun intensiv grübeln. Auf jeden Fall werden erst einmal praktische Kurse angeboten. Und dafür in den Dörfern per Lautsprecher geworben. Der Zulauf dafür steigt. Und das gibt dem Team um Lothar Zagst neue Hoffnung.

Zumal auch eine gute Nachricht aus Deutschland kam: Die Berufsschule wird die nächsten vier Jahre durch die Sternsinger-Aktion unterstützt.

Nachlassen in seinen Bemühungen will Zagst auf keinen Fall: „50 Prozent der Bevölkerung in Ecuador sind Kinder und Jugendliche“, sagt er. Die Alterspyramide sei völlig anders gestaltet als in Deutschland: „Davon macht man sich hier in Europa gar keine Vorstellung.“

Was sicher viele Nürtinger beruhigt: Die Hilfe für Reisbauern, die einst auch von „Licht der Hoffnung“ unterstützt worden war, läuft weiter. Zagst: „Und sie bewirkt weiter viel.“

Spender aus der Schweiz hätten nun zum Beispiel dafür gesorgt, dass zusätzliche sechs Hektar Anbaufläche angeschafft werden konnten – das sichert die Versorgung eines Waisenhauses mit 50 Kindern.

Der Ertrag der Reismühle ermögliche es zudem, Sozialfälle zu unterstützen oder Operationen und Medikamente zu bezahlen. Und auch der Lohn mehrerer Sozialarbeiter könne damit finanziert werden.

Wegen seines Alters ist Lothar Zagst übrigens von seiner Diözese als Pfarrer entlastet worden. Aber er nutzt die neu gewonnene Zeit nicht dazu, sich in die Hängematte zu legen. Im Gegenteil. Freitags bis sonntags macht er in einer 200 Kilometer entfernten Gemeinde, deren Mitglieder hauptsächlich von der Holzkohleproduktion und der Arbeit in Fischfabriken leben, seelsorgerlichen Aushilfsdienst. „Die Landschaft dort ist wüstenähnlich. Es gibt praktisch nur Kakteen und Geißen“, sagt Zagst.

Man hofft nun, dort auch Mais anbauen zu können. Vorher führten über den Wasserkanal in dieser Region nur an Stricken befestigte Holzlatten. In der Werkstatt in El Laurel wurde daher vor Kurzem eine neue Brücke gefertigt und vor Ort zusammengeschweißt. Der Pfarrer: „Das hat unsere Leute toll motiviert. Die haben gemerkt, dass es Leute gibt, die noch ärmer dran sind als sie selbst. Und zudem hat es eine große Identifikation der Jugendlichen vor Ort bewirkt. Also gibt es doch noch Zeichen der Hoffnung.“

Wer dem Projekt in El Laurel weiterhelfen möchte, kann dies über das Konto mit der IBAN DE59611500200048204387 tun.

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