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Das vernetzte Klassenzimmer

In der Klasse 8a der Neuffener Realschule wird seit Schuljahresbeginn ausschließlich mit dem Tablet unterrichtet

In der Klasse 8a der Neuffener Realschule gehört der Tablet-Computer zum Unterrichtsalltag. psa

Die Digitalisierung soll und muss in den Schulen Einzug halten. Denn der richtige Umgang mit moderner Technik wird in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Die Realschule Neuffen wagt mit einer Tabletklasse einen Versuch und will beweisen, dass die Qualität des Unterrichts nicht unter dem Einsatz der Computer leidet – im Gegenteil.

NEUFFEN. Mit einer Tabletklasse will die Realschule Neuffen neue Unterrichtswege beschreiten. Seit Anfang des Schuljahres brauchen die Schüler der 8a nur noch ein Arbeitsgerät: einen Tabletcomputer. Darauf gespeichert sind sämtliche Schulbücher, Aufschriebe, Hausaufgaben und Arbeitsblätter. Das Tablet wird Alltagsbegleiter und wird in jedem Fach benutzt – auch beim Klassenbesuch des NZ-Redakteurs im Rahmen von „Zeitung in der Schule“.

Deutschlehrer Manuel Mauch wirft das E-Paper an die Leinwand über die Tafel. Mit einigen Mausklicks kann er zeigen, wie die Schüler mit der Zeitung arbeiten. Auch die Achtklässler nutzen ihre Tablet-PCs zum Zeitungslesen. Genutzt werden das E-Paper und die Online-Ausgabe unserer Zeitung. In der Klasse fehlen die typischen Sammelwände für ausgeschnittene Artikel. „Das machen die Schüler digital“, erklärt Mauch. Mit ihren Geräten sammeln und archivieren sie Texte, die sie im Rahmen des Projekts nach Themen sortieren.

Aber nicht nur beim Zeitungsprojekt läuft alles elektronisch – auch in Mathematik, Physik, Geschichte und Gemeinschaftskunde bietet sich das Tablet als Allroundtalent an. Ann-Cathrin Deyle, stellvertretende Schulleiterin und Klassenlehrerin der 8a erläutert den Mehrwert, den die Geräte im Matheunterricht haben. So lassen sich die Aufgaben gemeinsam lösen, oder verschiedene Lösungswege der Schüler an die Tafel projizieren. So könne man gemeinsam an Problemlösungsstrategien arbeiten. Auch der Physiklehrer der 8a, Fabian Weber, betont den Mehrwert der Tablets. Gerade beim experimentieren könne man den Verlauf per Video dokumentieren oder Animationen anschauen, um sich physikalische Phänomene zu verdeutlichen.

Auch Arbeitsblätter kommen nicht mehr aus dem Kopierer, sondern direkt vom Lehrer-PC auf die Schülertablets. „Ich habe seit Schuljahresbeginn kein Papier mehr verteilt“, sagt Mauch. Nur bei Klassenarbeiten heißt es noch: „Hefte raus!“ Denn hier müsse nach wie vor Papier zum Einsatz kommen.

Finanzierung durch Spende der Adolf-Leuze-Stiftung

Die Geräte und die Einrichtung eines entsprechenden Klassenzimmers haben ihren Preis. Die Ausstattung aller Schulen in Deutschland mit moderner Computertechnik beschäftigt die große Politik: Bildungsministerin Johanna Wanka will einen „Digitalpakt“ schließen und alle deutschen Schulen mit WLAN und Computern ausstatten – denn beides ist heutzutage alles andere als selbstverständlich.

Die Neuffener Realschule hat sich dieses Thema schon seit einigen Jahren auf die Fahnen geschrieben. Nicht zuletzt dank engagierter Lehrer und Eltern. So wurde in der Schule bereits flächendeckend ein WLAN-Funknetzwerk eingerichtet, außerdem haben die Lehrer in Eigenarbeit Beamer an die Klassenzimmerdecken geschraubt und Kabel verlegt. Außerdem wurden neue Rechner für die Computerräume der Schule angeschafft. Damit hatte die Schule schon einiges an Vorarbeit geleistet.

Innerhalb des Kollegiums sei der Wunsch geäußert worden, eine Tabletklasse einzurichten. Deshalb habe man ein Projekt entwickelt, um diesen Wunsch zu realisieren.

Was noch fehlte, war das Geld, um die Geräte anzuschaffen. Es wurde von der Adolf-Leuze-Stiftung gespendet, die die Schule und die Stadt Neuffen bei dem Projekt unterstützt. Namensgeber der Stiftung ist der 2014 verstorbene, langjährige Geschäftsführer des Neuffener Unternehmens Bielomatik.

Zunächst wurden Tablet-Computer für eine Klasse angeschafft und ein Klassenzimmer entsprechend ausgestattet. Das Projekt soll keine Eintagsfliege bleiben: „Die Stiftung ist sehr an einer Nachhaltigkeit gelegen“, betont Schulleiter Werner Hoffmann.

Doch wo sollte man einsteigen. „Wir waren der Meinung, dass die fünfte Klasse dafür zu früh ist“, sagt Hoffmann. Zunächst sollte der konventionelle Unterricht mit Buch, Stift und Papier im Vordergrund stehen. Denn diese Grundlage sei mindestens genauso wichtig wie Computerkenntnisse. Schließlich entschied man sich dafür, mit den Tablets in Klasse 8 zu beginnen. Dafür wurde das Umfeld maßgeschneidert: Das Projekt wurde mit den Eltern abgestimmt und Lehrer für die Klasse eingeteilt, die bereit und willens waren sich dem Experiment zu stellen. Die Tablets werden den Schülern von Klasse 8 bis 10 kostenlos zur Verfügung gestellt, allerdings wurde eine Kaution einbehalten. Nach dem Ende der Schulzeit sollen die Schüler außerdem die Möglichkeit haben, die Tablets zu kaufen.

Davor müssen sie die kommenden drei Schuljahre jedoch intensiv mit den Geräten arbeiten. „Es ist gar nicht so einfach, vom reinen Medienkonsum mit dem Gerät auf produktives Arbeiten umzusteigen“, sagt Weber. Auch hätten die Lehrer die Medienkompetenz falsch eingeschätzt, sagt Deyle. So habe man so manchem Schüler zunächst zeigen müssen, wie man eine Datei richtig abspeichert.

Außerdem sei die Verlockung der Schüler groß mit den Tablet-Computer andere Dinge zu machen als dem Unterricht zu folgen – schließlich sind die Geräte ständig online. „Auch den Umgang mit dieser Versuchung müssen die Schüler lernen“, sagt Mauch. Wenn man Webseiten wie Youtube oder Facebook einfach sperre, verpuffe dieser Lerneffekt. Aber Deyle hat eine Lösung: „Ich habe ja selbst ein Tablet in der Hand und kann von überall im Klassenzimmer etwas an die Tafel projizieren. So könne man in der Klasse herumgehen und einschreiten.

Auch die zuständige Schulrätin im Nürtinger Schulamt, Verena Dutschk, interessiert das Projekt: Es sei eine Möglichkeit, tatsächlich digitale Medienkompetenz zu vermitteln. Denn sie sei auch im späteren Berufsleben enorm wichtig. „Wir müssen dafür in der Schule die Grundlage schaffen“, sind sich Dutschk und Hoffmann einig.

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