Licht der Hoffnung

Premiere macht auch die Künstler froh

Licht der Hoffnung: Stefan Waghubinger und Uta Köbernick sorgen für einen äußerst unterhaltsamen Abend in Beuren

Haben gelungene verbale Doppelpässe miteinander gespielt: Uta Köbernick (links) und Stefan Waghubinger.

Bei der zweiten Veranstaltung unserer sechsteiligen Reihe zur Weihnachtsaktion „Licht der Hoffnung“ ist für alle etwas dabei gewesen. Die Kleinkunstpreisträger Stefan Waghubinger und Uta Köbernick haben bei ihrem ersten gemeinsamen Auftritt anspruchsvolles Ka-barett, geistreiche Wortspiele, aber auch viele lustige Anekdoten und leckere musikalische Happen geboten.

BEUREN. Die knapp 200 Zuschauer haben am Sonntagabend nach der Premiere des ersten gemeinsamen Programms der beiden ganz verschiedenen Kleinkunstpreisträger durchweg zufrieden die Festhalle in Beuren verlassen. Und die beiden Künstler waren es nach ihrem knapp zweistündigen Auftritt auch. Das zum allerersten Mal ausprobierte Experiment des gemeinsamen Programms „Warum nicht!“ ist geglückt. Der gebürtige Österreicher Stefan Waghubinger und die gebürtige Ostberlinerin Uta Köbernick hatten auf der Festhallen-Bühne nach eigenen Angaben großen Spaß. Die Selbstkritik ließ allerdings auch nicht lange auf sich warten. „Das Beurener Publikum hat uns an ein paar Stellen gezeigt, wo wir das Programm noch nachbessern müssen“, merkte Waghubinger an. Genossen hat der sonstige Solokünstler hingegen seine Sprechpausen, in denen er seiner Partnerin auf der Bühne zuschauen konnte und sich selbst ein wenig „wie Publikum gefühlt“ habe.

Mit ihren Soloprogrammen sind beide schon einmal für die gute Sache im Einsatz gewesen. Für „Licht der Hoffnung“ ist Waghubinger im Dezember 2011 ebenfalls in Beuren aufgetreten, während Uta Köbernick im Januar 2016 ein Gastspiel in Unterensingen gab.

Der durch die Unterstützung der Unterensinger Rechtsanwaltskanzlei Dr. Mittsdörfer, Weible und Kollegen möglich gemachte Kabarettabend begann nach der Begrüßung von Redaktionsleiterin Anneliese Lieb mit einem Dialog von Waghubinger und Köbernick. Die in der Schweiz lebende gebürtige Berlinerin fragte ihren Bühnenpartner, ob er nicht auch manchmal Angst vor der Zukunft und der Gegenwart habe. „Die Gegenwart geht so schnell vorbei“, antwortete Waghubinger. „Die geht nur drei Sekunden, dann kommt schon die Zukunft. Aber die Vergangenheit ist uns dicht auf den Fersen. Ich habe Angst, dass die uns einholt.“ Das könne sie nicht, weil „wir immer schneller sind“, entgegnet Köbernick. „Alles wird seit Jahrzehnten immer schneller“, stellt Waghubinger fest. „Wir dürfen nie langsamer werden und müssen schnell in die Zukunft.“

Nachdem Uta Köbernick mit Gitarre das dem Programm den Titel gebende Stück „Warum nicht“ gesungen hatte, diskutierten die beiden Künstler über Privates und Öffentliches. „So viel Privates ist von öffentlichem Interesse und es wird so viel Öffentliches privatisiert“, meinte Waghubinger und sprach sich für eine „Zwangsprivatisierung“ aus.

Es folgten eine Diskussion über Diktatur und Demokratie und die Frage, wer für die Sicherheit zuständig sei, wenn alle Straßen privatisiert sind. „Die Hells Angels“, schlug der Kabarettist vor. Es folgte eine abwechselnde Lesung von Passagen von Marx und der Bibel, wobei kuriose Sätze zustande kamen, wie „am Anfang schuf Gott Ware und Geld“. Danach erzählte Köbernick als „Tanja Ostkreuz“ von ihren Erlebnissen in der DDR und im Jobcenter.

„Wären wir auf Bäumen geblieben, hätten wir genügend Wohnraum“

Verbale Spitzfindigkeiten, das Spielen und Jonglieren mit Worten und daraus folgende doppelbödige Erkenntnisse sind die Spezialität der beiden Künstler. So überrascht Waghubinger die Zuschauer mit dem Satz: „Man muss immer aufpassen, dass man seine Meinung nicht falsch ausspricht.“ In der Folge erzählt er amüsante Anekdoten darüber, wie seine Tochter mit ihrer Barbiepuppe und der männlichen Figur Ken spielt.

Die Zuschauer haben viel Freude an der Aufführung der Kleinkunstpreisträger gehabt. Fotos: Jüptner

Auch die aktuelle Suche nach einer neuen Regierung in Deutschland nimmt der Kabarettist aufs Korn und spricht sich gegen eine Minderheitsregierung aus. „Das Gute an der Demokratie ist doch: Verliert der eine, gewinnt der andere.“ Und es folgte der nächste ebenso interessante wie witzige Gedankengang: „Wir sind schon siebeneinhalb Milliarden Menschen auf der Erde. Die wollen alle wohnen, daher sind die Mieten so hoch. Es gibt aber noch mehr Bäume als Menschen. Wenn wir auf den Bäumen geblieben wären, hätten wir alle genügend Wohnraum. Deswegen war es voreilig, dass wir runtergestiegen sind.“

Uta Köbernick, die immer wieder mit ihrem Gesang und ihrem Gitarrenspiel für Abwechslung sorgte, thematisierte die technische Weiterentwicklung. „Wenn wir heute zum Handy sagen ,ich knall dich blödes Teil an die Wand‘, werden wir in zehn Jahren vom Smartphone hören: ,hey, Alter, du hast meine Mutter beleidigt‘.“ Und dann gebe es noch das selbstlenkende Auto, das den Dienst mit den Worten verweigere: „Ich fahre nicht, heute ist Feinstaub.“ Uta Köbernicks Schlussfolgerung: „Die Computer nehmen uns zunehmend das Denken ab.“ Waghubinger schlussfolgert: „Dann werden wir noch dümmer im Verhältnis zu den Computern.“

Nach der Pause greift der 51-Jährige das Thema technischer Fortschritt noch einmal auf und erzählt davon, dass er ständig sein Handy sucht. Aber bald gebe es ja eine App, die anzeigt, wo das Handy liegt. Parallelen gibt es bei der Suche nach dem Auto. „Ich könnte inzwischen einen alternativen Stadtführer schreiben: 1000 Straßen, wo Ihr Auto nicht parkt.“ Manchmal finde man aber auch etwas anderes als man gesucht hat. „Ohne Columbus würde die Welt anders aussehen. Es gäbe viel mehr Indianer – und keiner wüsste es.“

Uta Köbernick strengte vor dem Europäischen Gedichtshof eine Klage gegen das Zögern an. In ihrem Plädoyer meinte sie: „Störe einen Präsidenten beim Twittern. Verrichte dort dein Werk, oh Zögern.“ Auf einmal ist Stefan Waghubinger verschwunden. „Wo bist du?“, fragt die Bühnenpartnerin. Die Antwort kommt aus dem Off: „Ich bin in der Zukunft. Du musst schnell herkommen.“ Köbernick antwortet: „Gib mir drei Sekunden.“ Dann geht das Licht aus.

Durch einen großen Schlussapplaus lassen sich die beiden aber noch zu einer Zugabe überreden, bei der es noch einmal viel zu lachen gibt.

INFO: Die nächste Veranstaltung in der „Licht der Hoffnung“-Reihe ist am Sonntag, 10. Dezember, um 18 Uhr in der Rudolf-Steiner-Schule in Nürtingen. Dann gibt es unter dem Titel „Whisky and Music“ einen Ausflug in die Gesangswelt Schottlands mit Tenor Andreas Winkler und Freunden.

Alle weiteren Veranstaltungen und die unterstützten Projekte finden Sie auf unserer Übersichtsseite zu Licht der Hoffnung.

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