Licht der Hoffnung

Wenn Carmen auf dem Balkan Rumba tanzt

Licht der Hoffnung: Don & Giovannis holten beim Finale unserer Aktion die klassische Musik von ihrem Podest herunter

Die großen Meister vom Podest geholt: Don & Giovannis ließen beim Finale von „Licht der Hoffnung“ regelrecht körperlich spüren, was in den Opern-Ohrwürmern wirklich steckt. Foto: Gauß

So schön kann Oper sein! Manch einer konnte am Samstag kaum fassen, was sich aus den großen Klassik-Hits der alten Zeiten Pfiffiges, Fetziges, ja schlichtweg Geniales zaubern lässt. Don & Giovannis nahmen ihr Publikum beim Finale der Aktion „Licht der Hoffnung“ mit auf eine musikalische Kreuzfahrt, bei der man zuweilen gar nicht mehr durchblickte, wo man eigentlich war.

Aber das spielte bei diesem Erlebnis (anders kann man es nicht bezeichnen), das dank der Unterstützung der Volksbank Hohenneuffen möglich geworden war, nicht die geringste Rolle. Im Gegenteil: Genau das machte Spaß. Und rund 300 Menschen in der Frickenhäuser Festhalle Auf dem Berg waren vom allerersten Moment an regelrecht hingerissen.

Wie bei einem köstlichen Cocktail in einer Bar unter südlicher Sonne wurden da die musikalischen Stilrichtungen durchgerüttelt und durchgeschüttelt, dass es eine wahre Pracht war. Und was dabei herauskam, war Stück um Stück ein Hochgenuss.

Weil eben die Dinge nicht zu einer Melange verschmolzen, bei der am Ende nichts Individuelles und Originäres mehr zu erkennen ist. Es entstand vielmehr etwas völlig Neues – wenn auch auf der Basis uralter Rezepte. Und gerade durch diese neue Interpretation können die ihre wahre, zeitlose Stärke entfalten, vor Kraft strotzen, als wären sie erst gestern entstanden.

Sven Angelo Mindeci und Rafael Baier sind nicht nur an ihren Instrumenten (Akkordeon beziehungsweise Saxofon) wahrlich begnadete Künstler, sondern auch Arrangeure, die einem Mal um Mal regelrecht die Spucke wegbleiben lassen. Gerade weil sie keine Angst vor musikalischen Fürstenthronen haben, sondern unverkrampft an die Werke der großen Meister herangehen, sie entstauben und dadurch vielleicht sogar erst ihren wahren Glanz hervortreten lassen.

Da tanzt Bizets „Carmen“ bei der Arie „Die Liebe vom Zigeuner stammt“ zunächst mal in einer kubanischen Rumba im Siebenachteltakt, um sich dann dem Feuer des Balkans hinzugeben. Da wird der furiose „Hummelflug“ plötzlich vom „Nussknacker“ begleitet. Da stürmt der Stier bei „Auf in den Kampf, Torero“ (nicht zuletzt auch dank des brillanten Spiels von Felix Brühwiler an der Gitarre und Peter Gossweiler am Kontrabass) im Boogie-Rhythmus durch die Frickenhäuser Arena, als gäbe es kein Halten mehr. Da wird „Nessun dorma“ aus „Turandot“ zur Inkarnation des argentinischen Tangos. Und und und . . .

Das Herz der Truppe und des Programms ist allerdings Andreas Winkler. Der Tenor, der sich sogar an Frauen-Arien herantraut und mit seinem italo-tiroler Charme die Herzen im Sturm eroberte. „Unplugged“ übrigens. Mit Mikrofon zu singen, das hat er nicht nötig.

Er trifft nicht nur den Ton stets richtig, sondern auch die Atmosphäre eines Liedes. Mit wilden Parforceritten kommt er ebenso zurecht wie mit den ruhigen Passagen, die manche gar (wie bei „Ombra mai fu“) zu Tränen rührten. Dann gönnt er sich und dem Publikum dann doch auch eine Schmonzette – und tanzt bei „O sole mio“ gar noch mit einer Zuhörerin auf dem Saal-Parkett. Mehrmals verlässt er die Bühne, als wolle er sagen: „Schaut her, ihr braucht doch nicht in Ehrfurcht vor dieser Musik zu erstarren! Gebt euch ihrem Zauber hin! Und genießt einfach!“

Da spürt man regelrecht körperlich: Andreas Winkler und seine Freunde haben die Klassik vom Podest geholt. Und sie buchstäblich den Menschen nahegebracht. Auch über die Ohren. Aber in erster Linie über das Herz.

Zur Startseite