Leserbriefe

Zum Schutz gegen Verunglimpfung

Rupert Ringelhann, Frickenhausen. Zum Leserbrief „Populisten und die Zensur im Internet“ vom 13. April. Ich bin sehr froh darüber, dass unsere Bundesregierung endlich etwas unternimmt, um Hass und Hetze im Internet einzudämmen und mich davor zu schützen. Herrn Traube unterläuft in seiner Argumentation ein entscheidender Fehler: Wenn mich in Nürtingen auf dem Schillerplatz jemand beleidigt, kann ich in der Tat „Anzeige erstatten und zivilrechtlich auf Schadenersatz und Unterlassung klagen“. Das kann ich, weil sich auf dem Schillerplatz derjenige, der mir „etwas an den Kopf wirft“, nicht hinter Anonymität verstecken kann, sondern sicht- und erkennbar ist. Anders im Internet, da wird das Recht auf freie Meinungsäußerung missbraucht und hinter Pseudonymen und sogenannten Bots (maschinellen Phantasieidentitäten) versteckt Beleidigungen, Hass und Hetze verbreitet. Dagegen kann ich mich nicht wehren, wenn ich betroffen bin, denn der Hetzer versteckt sich feige hinter der Anonymität.

Wer etwas zu sagen hat, kann das in diesem Land mit offenem Visier und braucht sich nicht zu verstecken. Beleidigung und Hetze sind keine freie Meinungsäußerung und deshalb schon immer zu Recht sanktioniert. Deshalb geht es ja nicht darum, freie Meinungsäußerung zu „zensieren“, die jemand mit seinem realen Namen im Internet äußert, sondern darum, justiziable Beleidigungen, Hass und Hetze zu unterbinden. Auch dann, wenn man nicht „Anzeige erstatten und zivilrechtlich auf Schadenersatz und Unterlassung klagen“ kann, weil sich der Hetzer hinter der im Netz möglichen Anonymität versteckt. Das Rechtsgut der freien Meinungsäußerung kann nicht über dem Rechtsgut der Unversehrtheit der persönlichen Integrität stehen. Egal, ob es sich um eine private oder öffentliche Person handelt. Wird das Rechtsgut der freien Meinungsäußerung missbraucht, um Menschen zu beleidigen und Hass und Häme über ihnen auszuschütten, müssen Regeln geschaffen werden, die diese Menschen schützen.

Wenn die bisherigen Rechtsmittel nicht greifen, diesen Schutz zu gewährleisten, wie im Fall der anonymen Hetzer im Internet, geht es eben nur, wenn Facebook und Co. in die Pflicht genommen werden. Freie Meinungsäußerung ist ein hohes Gut. Dass es sich die Bundesregierung bei dieser Rechtsgüterabwägung offensichtlich nicht leicht gemacht hat, kann man daraus erkennen, dass es so lange gedauert hat, bis jetzt endlich etwas zum Schutz gegen persönliche Verunglimpfung im Netz unternommen wird. Es war aber höchste Zeit!

Zur Startseite