Leserbriefe

Zulieferer und die Autoindustrie

Helmut Weber, Aichtal-Neuenhaus. Zum Kommentar „Vertragsbruch“ vom 20. August. Nicht was sich jetzt (leider nur) zwei Zulieferer mehr oder weniger erfreulicher Weise leisten, leisten müssen, überschreitet die Grenzen partnerschaftlicher Anständigkeit. Dieser Boykott von Vertragstreue hat Geschichte und zwar bei allen Kreativ-Schmieden für die Großindustrie. Mit einem aggressiven, rücksichtslosen Vorteilsdenken für immer größere Gewinnmargen nimmt die Autoindustrie einen besonders lauten Platz unter den Nehmer-Unternehmen ein.

Der Begriff Zulieferer verharmlost den anspruchsvollsten und risikoreichsten Einsatz von Hightech-Betrieben. Diese in der Regel mittelständischen Betriebe betreiben in Vorleistung teure Problemlösungen für Autobauer, ohne oder mit Auftragsfolge und gehen bei Auftragserteilung Knebelverträge ein, auch mit Geheimhaltungsklauseln für das reine Regelwerk, die bereits eine Denk- und Wirtschaftlichkeitsgrenze für den Zulieferer beinhalten. Was häufig folgt oder Bedingung ist, sind teure Investitionen für die Produktion, oft im (auch mehrstelligen) Millionenbereich. Was zwar nicht grundsätzlich, aber immer wieder mit kalkulierter Bereitschaft geschieht, ist die unbegründete beziehungsweise nicht nachvollziehbare einseitige Vertragskündigung durch Auftraggeber nach kurz- oder mittelfristigen Produktionsleistungen, die Zulieferer bei Amortisationsdruck in Existenzschwierigkeiten bringen muss.

Warum Klagen gegen Wirtschaftsriesen nicht logische Folgen sind, liegt in deren wirtschaftlicher Fähigkeit begründet und damit in der Zwangstoleranz Geschädigter. Oft sind diese unerfreulichen Partner außerdem notwendige Hoffnungsträger für neue Aufträge. Wenn die Presse sich zurzeit auf das Verhalten von Zulieferern stürzt, ist das gegen die dort gesammelten Informationen, ist reines Devotverhalten zu Gunsten von Werbeaufträgen oder doch nur Unkenntnis Einzelner?

Das Kapital ist Motor für Fortschritt, den wir wollen oder so nicht, aber auch der hässlichste Feind gegen den Menschen – außer ihm selbst. Ultraliberale wirtschaftliche Maßstäbe und „Wohlstand“ als allgegenwärtige signifikante Grundlage für Menschengemeinschaften zu bestimmen, ist eine intelligente Fehlleistung, die „Religion“ – unberechenbare Jedermann-Egoismen – fördert und das gegen jede Erfahrung und letztlich gegen jeden Einzelnen, gegen jede Gemeinschaft.

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