Leserbriefe

Uns geht es schlichtweg zu gut

Dr. Wolfgang Bone,Lenningen-Gutenberg. Zum Artikel „Essen wegwerfen verboten“ vom 23. Mai. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich nach dem Kriege aus der Schule nach Hause in unsere Notwohnung, die eigentlich vom Gesundheitsamt gesperrt war, kam und meine Mutter weinend vorfand.

Ich war sieben Jahre alt und fragte besorgt, weshalb sie weine. Ihre Antwort: „Es gibt nichts zu essen heute, wir haben nichts mehr, gar nichts mehr.“ Wer heute Esswaren vernichtet beziehungsweise wegwirft, dem geht es einfach zu gut.

Über eine Milliarde Menschen hungern, viele verhungern. Unterernährte Kinder sind geschädigt für ihr ganzes Leben. Lebensmittel wegwerfen geht gar nicht. Und wenn ich nur eine Kartoffel übrig habe, dann gibt es eben am Abend oder am nächsten Tag Bratkartoffeln.

Die Unmengen an Lebensmitteln, die in den Industrieländern vernichtet werden, würden ausreichen, den Hunger in der ganzen Welt zu beseitigen. Das Geld, welches jemand für Lebensmittel ausgibt die er wegwirft, könnte zum Beispiel gespendet werden. Aber offensichtlich geht es uns schlichtweg zu gut. Ich glaube allerdings nicht, dass das für immer so bleibt.

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