Leserbriefe

Stuttgart 21 und keiner will es zahlen!

Marc Sink, Oberboihingen. Zum Artikel „Partner der Bahn blocken Geldforderungen ab“ vom 26. November. Da wird Stuttgart 21 gerade mal um zwei „Milliardchen“ teurer und schon verklagt die Bahn alle Projektpartner, weil diese sich nicht an den Mehrkosten beteiligen möchten. Wenn das ganze Drama nicht so traurig wäre, könnte man sich darüber köstlich amüsieren. Saublöd nur, dass man sich bei dem „bestgeplanten Projekt“ um schlappe 50 Prozent verrechnet hat. Autsch!

Keiner ist schuldig, keiner hat diesen „Minimehrbetrag“ vorausgesehen, keiner will die Mehrkosten übernehmen und keiner wollte plötzlich das Projekt. Wie peinlich das Ganze doch wirklich ist, zeigt sich daran, dass in dem „Verträgchen“ eine „Sprechklausel“ steht, die wie aus Zauberhand sämtliche Probleme lösen sollte. Wie betrunken muss man sein, um einen solchen Vertrag zu erstellen oder gar zu unterschreiben?

Erst eben wurde bekannt, dass der Bahn ein internes „streng geheimes“ Gutachten vorliegt, das auf die schwierigen Geologierisiken hinweist. Der problematische Anhydrit im Untergrund könnte für die Tunnelröhren nach Fertigstellung eine sehr wartungsintensive Sache werden. Bei nur vier Tunnelröhren gleicht das einem Nadelöhr mit katastrophalen Folgen. Allerdings blockt die Bahn wieder mal in gewohnter Manier und beschwichtigt, dass es dazu absolut nicht kommen wird.

Unsere Landeshauptstadt wird künftig unbedeutender in Deutschland und in der Welt. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass man einen funktionierenden Bahnhof mit 16 Gleisen wirklich stilllegt und gegen eine achtgleisige unterirdische Haltestation eintauscht. Auch die angebliche Verbesserung des Nahverkehrs hat erhebliche Tücken und Lücken beziehungsweise wird so nicht funktionieren wie dargestellt. Die Kopfbahnhofbefürworter haben ganz große Ingenieurskunst bewiesen und intelligente Vorschläge und Konzepte für die Zeit nach Stuttgart 21 veröffentlicht.

Und noch etwas, wo ich mich fremdgeschämt habe: Bei der sogenannten Grundsteinlegung am 16. September hat der Bahnchef Grube die „S21-Haltestation“ als „großes Geschenk“ bezeichnet. Hier muss man sich schon mal fragen, wer es letztlich bezahlt, was man dafür bekommt und was dann als Geschenk dann übrig bleibt! Das nenne ich übelste Rhetorik aus der Kategorie „ganz unten“. Ebenso hat der Bahnchef zum wiederholten Mal „seinen Kostendeckel“ verteidigt, obwohl er vom Prüfbericht des Bundesrechnungshofes wusste, der dem Projekt gar zehn Milliarden vorrechnet. Das wäre mal (bei einer positiven Darstellung) eine Kostenverschätzung von plus 120 Prozent. So etwas geht überhaupt nicht mehr unter der Kategorie „verrechnet“! Frage: Wie lange soll das ganze verlogene Schmierentheater noch weitergehen? Oben bleiben!

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