Leserbriefe

Sich Jesus zum Vorbild nehmen

Eberhard Ellwanger, NT-Reudern. Zum Artikel „Evangelischer Arbeitskreis der CDU: Schuster gibt Vorsitz ab“, vom 2. März. In Anlehnung einer Formulierung, die im besagten Artikel vorkommt, stelle ich scherzhaft fest, dass es eigentlich wichtigere Dinge gibt, als auf naive und dreiste Ratschläge zu reagieren. Aber nun ist der Artikel halt in der Zeitung erschienen und es widerstrebt mir, so etwas unkommentiert zu lassen. Das habe ich nun davon. Wie komme ich dazu, von naiv und dreist zu schreiben? Die Aussage, die Kirche solle sich um wichtigere Dinge kümmern, als sich für die Ehe für alle einzusetzen, finde ich ähnlich dämlich, wie andere Ratschläge, die da lauten: der oder die soll lieber freiwillig im Pflegeheim arbeiten, anstatt sich um die Flüchtlinge zu kümmern, oder die soll nicht rumnörgeln, dass meine Socken im Weg liegen und lieber die Spülmaschine richtig einräumen. Was für Plattitüden!

Ebenso die nassforsche Behauptung, dass es deshalb so viele Kirchenaustritte gibt, weil sich die Kirche säkularisiert. Vielleicht gibt es aber auch deshalb so viele Austritte, weil sich die Kirche zu sehr an Dogmen festhält? Und: sind nicht damals auch viele aus der Kirche ausgetreten, als Frauen auf die Kanzel durften? Was war das für ein Theater!

Vielleicht gibt es so viele Austritte aus der CDU, weil Frau Merkel sich zu viel um Unternehmer kümmert, wahlweise zu wenig? Oder ist es einfach so, dass heutzutage viele Menschen mit Austritt reagieren, sobald etwas nicht ins persönliche Weltbild passt? Weil es halt sooo anstrengend ist, sich mit anderen Meinungen auseinanderzusetzen, beziehungsweise zu akzeptieren, dass es nicht immer nur eine richtige Antwort gibt?

Ich glaube nicht, dass es weiterhilft, wenn sich die evangelische Kirche noch konservativer gibt, als dies damals Papst Benedikt gewesen ist. Ich glaube nicht, dass man lediglich dem Zeitgeist, oder dem Mainstream entspricht, wenn man der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare zustimmt. Wenn Gruppen, Laien, Theologen, Professoren oder Bischöfe nach jahrelangem Bibelstudium und reiflicher Überlegung trotzdem zu unterschiedlichen Glaubenshandlungen und zu theologisch ausführlich begründeten unterschiedlichen Ergebnissen kommen, steht es niemandem zu, die jeweils andere Haltung zu verurteilen.

Schön finde ich, dass der Arbeitskreis sich mehr um das C in seinem Namen kümmern will. Ich denke da spontan an Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft und Schutz von Minderheiten. Oder gar das Zuhören, wenn Andersdenkende ihre Gefühle preisgeben. So wie das Jesus einst gemacht hat und oftmals völlig anders reagiert hat, als dies die Glaubenshüter seiner Zeit erwartet hatten.

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