Leserbriefe

Populisten und die Zensur im Internet

Christoph Traube, NT-Neckarhausen. Zu den Artikeln „Es gibt zu viel Selbstzensur“ vom 3. April und „Schnellschuss“ vom 6. April. Unsere Bundesregierung will also „Hass und Hetze“ im Internet eindämmen. Ist das Internet ein rechtsfreier Raum? – Wenn ich dort beleidigt werde, gelten genau die gleichen Vorschriften, wie wenn mir in Nürtingen auf dem Schillerplatz jemand etwas an den Kopf wirft. Ich kann Anzeige erstatten und zivilrechtlich auf Schadensersatz und Unterlassung klagen.

Warum dann dieser Aktivismus? Ich habe den Eindruck, dass es hier in Wahrheit um etwas anderes geht. Es gibt bei uns eine inzwischen ziemlich große Minderheit, die sich von den etablierten Parteien und der Presse nicht mehr vertreten fühlt. Deshalb weichen diese Leute auf soziale Netzwerke aus und machen dort, im Kreise Gleichgesinnter, ihrem Unmut Luft. Es ist die berühmte „ohnmächtige Wut“, die sich hier zeigt. Weil Wähler in einer Demokratie aber natürlich gar nicht so ohnmächtig sind, schlägt sich diese Stimmung inzwischen auch bei Wahlen nieder, früher nur bei den Nichtwählern, heute in Stimmen für die „Populisten“, also vor allem für die AfD.

Und nun sollen also die Betreiber der Internetplattformen Hass und Hetze löschen. Und zwar selbständig – ohne einen unabhängigen staatlichen Richter – und mit extrem kurzen Fristen. Ansonsten drohen den Betreibern Sanktionen. Wohlgemerkt: Nicht den Verfassern, die da etwas gepostet haben. Und das soll nicht auf Selbstzensur in den sozialen Netzwerken abzielen? Ein Schelm wer Böses dabei denkt.

Worüber ich mir dabei fast noch am meisten Gedanken mache: Merken Heiko Maas, Angela Merkel und Co. eigentlich nicht, dass sie die „Populisten“ mit dieser Strategie erst recht „alternativlos“ machen?

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