Leserbriefe

Entscheidung ist nicht akzeptabel

Gerhard Schulz, Neuffen. Zum Artikel „Neuffen gibt eigene Quellen auf“ vom 22. Januar. Welches Wasser der Teil von Neuffen erhält, der bis jetzt mit Wasser aus eigenen Quellen versorgt wird, wurde in einem scheinbar sehr demokratischen Prozess ermittelt. Wie demokratisch ist es zum Beispiel, wenn für ein Viertel der befragten Haushalte diese Entscheidung sowieso ohne Belang ist, da sie bereits mit Fremdwasser versorgt werden? Wie demokratisch ist es, wenn jeder Haushalt nur eine Stimme hat? Dürfen Menschen, die in einem Haushalt leben, nicht unterschiedliche Ansichten haben? Und was ist das schließlich für eine Auffassung von Demokratie, wenn ein Stadtrat gar zugesteht, dass er – dabei natürlich vorausgesetzt, dass wenigstens die Stadträte kompetent informiert waren – für die Beibehaltung des Eigenwassers gewesen sei, aber dagegen gestimmt habe, weil die Bürger auch (sehr knapp) dagegen gewesen seien? Dazu fällt einem nichts mehr ein, wenn man bedenkt, dass diese eine Stimme ja die Entscheidung gekippt hätte.

Doch selbst wenn man diesen „Bürgerentscheid“ als demokratisch ansähe, was wohl angezweifelt werden kann, so bleibt noch die Frage, welche Informationen den Bürgern an die Hand gegeben wurden. Wusste wirklich jeder, der seine Stimme abgab, welche Rückstände in Oberflächenwasser aus Flüssen und Seen zwangsläufig zu finden sind? Da läuft Wasser aus Kläranlagen hinein, und die können weder Nanopartikel aus Plastik noch Arzneimittelrückstände und Hormone herausfiltern. Wusste wirklich jeder, dass der geringere Härtegrad des Fremdwassers, der immer wieder angeführt wurde, kaum nennenswert ist? Der Härtegrad wird von circa 20 auf circa 16 sinken, damit werden die Kalkprobleme nicht viel weniger. Wusste wirklich jeder, wie viele wertvolle Inhaltsstoffe das Fremdwasser verliert, bis es bei uns ist, Inhaltsstoffe, die künstlich wieder zugesetzt werden müssen? Wurde ein einziges Mal auch über die ökologischen Auswirkungen informiert? Was wird aus unseren Wasserschutzgebieten? Wie nötig brauchen unsere eigenen Fließgewässer das Wasser aus unseren Quellen? Das ist nur ein Teil der Fragen, die weitgehend offen geblieben sind.

Zumindest aber weiß jeder, dass wir in Zukunft für unser Wasser mehr bezahlen werden. Um wirklich eine seriöse Entscheidung auf dem Tisch zu haben, muss dieses Verfahren in Neuffen noch einmal neu gestartet werden. Und dann muss zum Beispiel in einer Bürgerversammlung erst einmal ausführlich informiert werden, und zwar nicht nur von denen, die ihre Entscheidung schon lang vorher getroffen hatten. Die vorliegende Entscheidung ist für uns Bürger so nicht akzeptabel.

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